Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Sozialpolitik. Rahmenvereinbarung über den Elternurlaub. Unbefristet und in Vollzeit angestellter Arbeitnehmer in Elternurlaub auf Teilzeitbasis. Entlassung. Entlassungsentschädigung und Zuwendung für einen Wiedereingliederungsurlaub. Berechnungsmodalitäten. Gleiches Arbeitsentgelt für Männer und Frauen. Elternurlaub auf Teilzeitbasis, der im Wesentlichen von Arbeitnehmerinnen genommen wird. Mittelbare Diskriminierung. Objektiv gerechtfertigte Faktoren, die nichts mit einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts zu tun haben. Fehlen

 

Normenkette

Richtlinie 96/34/EG, Paragraf 2 Nr. 6; AEUV Art. 157

 

Beteiligte

Praxair MRC

RE

Praxair MRC SAS

 

Tenor

1. Paragraf 2 Nr. 6 der am 14. Dezember 1995 geschlossenen Rahmenvereinbarung über den Elternurlaub, die im Anhang der Richtlinie 96/34/EG des Rates vom 3. Juni 1996 zu der von UNICE, CEEP und EGB geschlossenen Vereinbarung über Elternurlaub in der durch die Richtlinie 97/75/EG des Rates vom 15. Dezember 1997 geänderten Fassung enthalten ist, ist dahin auszulegen, dass er dem entgegensteht, dass die Entlassungsentschädigung und die Zuwendung für einen Wiedereingliederungsurlaub, die einem unbefristet und in Vollzeit angestellten Arbeitnehmer zu zahlen sind, wenn dieser Arbeitnehmer zu dem Zeitpunkt, in dem er einen Elternurlaub auf Teilzeitbasis in Anspruch nimmt, entlassen wird, zumindest teilweise auf der Grundlage des verringerten Entgelts festgesetzt werden, das er zum Zeitpunkt der Entlassung bezieht.

2. Art. 157 AEUV ist dahin auszulegen, dass er einer Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen entgegensteht, wonach ein unbefristet und in Vollzeit angestellter Arbeitnehmer, wenn dieser Arbeitnehmer zu dem Zeitpunkt entlassen wird, in dem er einen Elternurlaub auf Teilzeitbasis in Anspruch nimmt, eine Entlassungsentschädigung und eine Zuwendung für einen Wiedereingliederungsurlaub erhält, die zumindest teilweise auf der Grundlage des verringerten Entgelts, das er bei der Entlassung bezieht, festgesetzt werden, wenn sich eine deutlich höhere Zahl von Frauen als von Männern dazu entschließt, einen Elternurlaub auf Teilzeitbasis in Anspruch zu nehmen, und wenn die sich hieraus ergebende Ungleichbehandlung nicht durch objektiv gerechtfertigte Faktoren, die nichts mit einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts zu tun haben, erklären lässt.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht von der Cour de cassation (Kassationsgerichtshof, Frankreich) mit Entscheidung vom 11. Juli 2018, beim Gerichtshof eingegangen am 23. Juli 2018, in dem Verfahren

RE

gegen

Praxair MRC SAS

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J.-C. Bonichot, der Richterin C. Toader sowie der Richter A. Rosas, L. Bay Larsen und M. Safjan (Berichterstatter),

Generalanwalt: G. Pitruzzella,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • von RE, vertreten durch J. Buk Lament, avocate,
  • der Praxair MRC SAS, vertreten durch J.-J. Gatineau, avocat,
  • der französischen Regierung, vertreten durch E. de Moustier und R. Coesme als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch A. Szmytkowska und C. Valero als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 157 AEUV sowie von Paragraf 2 Nrn. 4 und 6 der am 14. Dezember 1995 geschlossenen Rahmenvereinbarung über den Elternurlaub (im Folgenden: Rahmenvereinbarung über den Elternurlaub), die im Anhang der Richtlinie 96/34/EG des Rates vom 3. Juni 1996 zu der von UNICE, CEEP und EGB geschlossenen Vereinbarung über Elternurlaub (ABl. 1996, L 145, S. 4) in der durch die Richtlinie 97/75/EG des Rates vom 15. Dezember 1997 (ABl. 1998, L 10, S. 24) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 96/34) enthalten ist.

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen RE und der Praxair MRC SAS wegen der Modalitäten der Berechnung der Entlassungsentschädigung und der Zuwendung für einen Wiedereingliederungsurlaub, die ihr im Zusammenhang mit der ihr während ihres Elternurlaubs in Teilzeit erklärten Kündigung aus wirtschaftlichen Gründen gezahlt wurden.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Richtlinie 96/34 und Rahmenvereinbarung über den Elternurlaub

Rz. 3

Die Richtlinie 96/34 wurde mit Wirkung vom 8. März 2012 durch Art. 4 der Richtlinie 2010/18/EU des Rates vom 8. März 2010 zur Durchführung der von BUSINESSEUROPE, UEAPME, CEEP und EGB geschlossenen überarbeiteten Rahmenvereinbarung über den Elternurlaub und zur Aufhebung der Richtlinie 96/34/EG (ABl. 2010, L 68, S. 13) aufgehoben. Aufgrund der zeitlichen Gegebenheiten des Sachverhalts des Ausgangsrechtsstreits bleiben für ihn jedoch die Richtlinie 96/34 und die Rahmenvereinbarung über den Elternurlaub maßgebend.

Rz. 4

Mit ...

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