Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorsteuerabzug, Vorsteuerausschlüsse aus Konjunkturgründen, Stand-Still-Klausel, Österreich

 

Leitsatz (amtlich)

1. Einem Mitgliedstaat ist es nach Artikel 17 Absatz 6 Unterabsatz 2 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem - verwehrt, die Ausgaben für bestimmte Kraftfahrzeuge nach dem Inkrafttreten der Sechsten Richtlinie vom Recht auf Vorsteuerabzug auszuschließen, wenn zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Richtlinie für Ausgaben das Recht auf Vorsteuerabzug nach ständiger auf einem Ministerialerlass beruhender Praxis der Verwaltungsbehörden dieses Staates gewährt wurde.

2. Artikel 17 Absatz 7 Satz 1 der Sechsten Richtlinie 77/388 ist so auszulegen, dass diese Bestimmung einen Mitgliedstaat nicht ermächtigt, ohne vorherige Konsultation des Mehrwertsteuer-Ausschusses Gegenstände vom Vorsteuerabzug auszuschließen. Diese Bestimmung ermächtigt einen Mitgliedstaat auch nicht, zum Ausschluss von Gegenständen vom Vorsteuerabzug Maßnahmen zu erlassen, die keine Angaben zu ihrer zeitlichen Begrenzung enthalten und/oder zu einem Paket von Strukturanpassungsmaßnahmen gehören, mit denen bezweckt ist, das Haushaltsdefizit zu verringern und eine Rückzahlung der Staatsschulden zu ermöglichen.

 

Normenkette

EWGRL 388/77 Art. 17 Abs. 6-7

 

Beteiligte

Metropol Treuhand und Stadler

Metropol Treuhand Wirtschaftstreuhand GmbH

Michael Stadler

Finanzlandesdirektion für Steiermark

Finanzlandesdirektion für Vorarlberg

 

Verfahrensgang

VwGH Wien (Österreich)

 

Tatbestand

Sechste Mehrwertsteuerrichtlinie - Artikel 17 Absätze 6 und 7 - Recht auf Vorsteuerabzug - Ausschlüsse, die in den zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Richtlinie bestehenden innerstaatlichen Rechtsvorschriften vorgesehen sind - Ausschlüsse aus Konjunkturgründen - Konsultation des in Artikel 29 der Richtlinie vorgesehenen Beratenden Ausschusses für die Mehrwertsteuer

In der Rechtssache C-409/99

betreffend ein dem Gerichtshof nach Artikel 234 EG vom österreichischen Verwaltungsgerichtshof in den bei diesem anhängigen Rechtsstreitigkeiten

Metropol Treuhand WirtschaftstreuhandgmbH,

gegen

Finanzlandesdirektion für Steiermark

und

Michael Stadler

gegen

Finanzlandesdirektion für Vorarlberg,

vorgelegtes Ersuchen um Vorabentscheidung über die Auslegung von Artikel 17 Absätze 6 und 7 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. L 145, S. 1)

erlässt

DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten P. Jann sowie der Richter A. La Pergola, L. Sevón (Berichterstatter), M. Wathelet und C. W. A. Timmermans,

Generalanwalt: L. A. Geelhoed

Kanzler: D. Louterman-Hubeau, Abteilungsleiterin

unter Berücksichtigung der schriftlichen Erklärungen

- der österreichischen Regierung, vertreten durch A. Längle als Bevollmächtigten,

- der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch E. Traversa und K. Gross als Bevollmächtigte,

aufgrund des Sitzungsberichts,

nach Anhörung der mündlichen Ausführungen der österreichischen Regierung, vertreten durch H. Dossi als Bevollmächtigten und A. Längle, sowie der Kommission, vertreten durch K. Gross, in der Sitzung vom 15. Juli 2001,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 4. Oktober 2001,

folgendes

Urteil

1. Der österreichische Verwaltungsgerichtshof hat mit Beschluss vom 22. September 1999, beim Gerichtshof eingegangen am 26. Oktober 1999, gemäß Artikel 234 EG zwei Fragen nach der Auslegung von Artikel 17 Absätze 6 und 7 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. L 145, S. 1, im Folgenden: Sechste Richtlinie) zur Vorabentscheidung vorgelegt.

2. Diese Fragen stellen sich in zwei Rechtsstreitigkeiten, in denen sich die Metropol Treuhand WirtschaftstreuhandgmbH und die Finanzlandesdirektion für Steiermark sowie Herr Stadler und die Finanzlandesdirektion für Vorarlberg wegen des Rechts zum Abzug der für den Betrieb eines Fahrzeugs Pontiac TransSport bzw. eines Fahrzeugs Fiat Ulysse entrichteten Vorsteuer gegenüberstehen.

Das Gemeinschaftsrecht

3. Gemäß Artikel 2 Absatz 2 der Ersten Richtlinie 67/227/EWG des Rates vom 11. April 1967 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuer (ABl. 1967, 71, S. 1301, im Folgenden: Erste Richtlinie) wird bei allen Umsätzen … die Mehrwertsteuer, die nach dem auf den Gegenstand oder die Dienstleistung anwendbaren Steuersatz auf den Preis des Gegenstands oder der Dienstleistung errechnet wird, abzüglich des Mehrwertsteuerbetrags geschuldet, der die verschiedenen Kostenelemente unmittelbar be...

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