Entscheidungsstichwort (Thema)

Verarbeitung personenbezogener Daten. Informationspflicht. Ausnahmen. Tragweite der Ausnahmen. Für die Überwachungsstelle eines reglementierten Berufs tätige Privatdetektive

 

Normenkette

Richtlinie 95/46/EG Art. 10-11, 13 Abs. 1 Buchst. d, g; Richtlinie 2002/58/EG Art. 15 Abs. 1

 

Beteiligte

IPI

Institut professionnel des agents immobiliers (IPI)

Geoffrey Englebert

Immo 9 SPRL

Grégory Francotte

 

Tenor

Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr ist dahin auszulegen, dass die Mitgliedstaaten nicht die Pflicht, wohl aber die Möglichkeit haben, eine oder mehrere der in dieser Bestimmung vorgesehenen Ausnahmen von der Pflicht, die betroffene Person über die Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten zu informieren, in ihr nationales Recht umzusetzen.

Die Tätigkeit eines Privatdetektivs, der für einen Berufsverband handelt, um Verstöße gegen die berufsständischen Regeln eines reglementierten Berufs, im vorliegenden Fall des Berufs des Immobilienmaklers, aufzuspüren, fällt unter die in Art. 13 Abs. 1 Buchst. d der Richtlinie 95/46 vorgesehene Ausnahme.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht von der Cour constitutionnelle (Belgien) mit Entscheidung vom 10. Oktober 2012, beim Gerichtshof eingegangen am 22. Oktober 2012, in dem Verfahren

Institut professionnel des agents immobiliers (IPI)

gegen

Geoffrey Englebert,

Immo 9 SPRL,

Grégory Francotte,

Beteiligte:

Union professionnelle nationale des détectives privés de Belgique (UPNDP),

Association professionnelle des inspecteurs et experts d'assurances ASBL (APIEA),

Conseil des ministres,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Ilešič sowie der Richter C. G. Fernlund (Berichterstatter), A. Ó Caoimh, der Richterin C. Toader und des Richters E. Jarašiūnas,

Generalanwalt: Y. Bot,

Kanzler: V. Tourrès, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 11. Juli 2013,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • des Institut professionnel des agents immobiliers (IPI), vertreten durch Y. Paquay und H. Nyssen, avocats,
  • der belgischen Regierung, vertreten durch M. Jacobs und C. Pochet als Bevollmächtigte im Beistand von B. Renson, avocat,
  • der tschechischen Regierung, vertreten durch M. Smolek als Bevollmächtigten,
  • der niederländischen Regierung, vertreten durch B. Koopman und C. Wissels als Bevollmächtigte,
  • des Europäischen Parlaments, vertreten durch A. Caiola und A. Pospíšilová Padowska als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch F. Clotuche-Duvieusart und B. Martenczuk als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 13 Abs. 1 Buchst. d und g der Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (ABl. L 281, S. 31).

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen dem Institut professionnel des agents immobiliers (Berufsinstitut für Immobilienmakler, im Folgenden: IPI) einerseits und Herrn Englebert, Immo 9 SPRL und Herrn Francotte andererseits über angebliche Verstöße gegen die nationalen Vorschriften über die Ausübung des Berufs des Immobilienmaklers.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Richtlinie 95/46

Rz. 3

Die Erwägungsgründe 3, 8, 10, 37 und 43 der Richtlinie 95/46 lauten wie folgt:

„(3) Für die Errichtung und das Funktionieren des Binnenmarktes, der gemäß Artikel 7a des Vertrags den freien Verkehr von Waren, Personen, Dienstleistungen und Kapital gewährleisten soll, ist es nicht nur erforderlich, dass personenbezogene Daten von einem Mitgliedstaat in einen anderen Mitgliedstaat übermittelt werden können, sondern auch, dass die Grundrechte der Personen gewahrt werden.

(8) Zur Beseitigung der Hemmnisse für den Verkehr personenbezogener Daten ist ein gleichwertiges Schutzniveau hinsichtlich der Rechte und Freiheiten von Personen bei der Verarbeitung dieser Daten in allen Mitgliedstaaten unerlässlich. …

(10) Gegenstand der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften über die Verarbeitung personenbezogener Daten ist die Gewährleistung der Achtung der Grundrechte und -freiheiten, insbesondere des auch in Artikel 8 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten und in den allgemeinen Grundsätzen des Gemeinschaftsrechts anerkannten Rechts auf die Privatsphäre. Die Angleichung dieser Rechtsvorschriften darf deshalb nicht zu einer Verringerung des durch diese Rechtsvorschriften garantierten Schutzes führen, sondern muss im Gegenteil darauf abzielen, in der Gemeinschaft ein hohes Schutznive...

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