Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Soziale Sicherheit. Arbeitslosengeld zur Ergänzung des Einkommens aus einer Teilzeitbeschäftigung. Gewährung dieser Leistung. Zurücklegung von Beschäftigungszeiten. Zusammenrechnung der Versicherungs- oder Beschäftigungszeiten. Berücksichtigung von nach den Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats zurückgelegten Versicherungs- oder Beschäftigungszeiten

 

Normenkette

AEUV Art. 45, 48; Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 Art. 67 Abs. 3; Charta der Grundrechte der Europäischen Union Art. 15 Abs. 2

 

Beteiligte

ONEm und M

Office national de l'emploi (ONEM)

M

Office national de l'emploi (ONEM)

M

Caisse auxiliaire de paiement des allocations de chômage (CAPAC)

 

Tenor

1. Art. 67 Abs. 3 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, in der durch die Verordnung (EG) Nr. 118/97 des Rates vom 2. Dezember 1996 geänderten und aktualisierten Fassung, geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 592/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008, ist dahin auszulegen, dass er einen Mitgliedstaat nicht daran hindert, die Zusammenrechnung von Beschäftigungszeiten abzulehnen, die für die Bewilligung von Arbeitslosengeld zur Ergänzung des Einkommens aus einer Teilzeitbeschäftigung erforderlich ist, wenn dieser Teilzeitbeschäftigung keine Versicherungs- oder Beschäftigungszeit in diesem Mitgliedstaat vorausgegangen ist.

2. Die Prüfung der zweiten Vorlagefrage hat nichts ergeben, was die Gültigkeit von Art. 67 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1408/71 in der durch die Verordnung Nr. 118/97 geänderten und aktualisierten Fassung, geändert durch die Verordnung Nr. 592/2008, beeinträchtigen könnte.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht von der Cour du travail de Bruxelles (Arbeitsgerichtshof Brüssel, Belgien) mit Entscheidung vom 27. Mai 2015, beim Gerichtshof eingegangen am 10. Juni 2015, in dem Verfahren

Office national de l'emploi (ONEm)

gegen

M.

und

M.

gegen

Office national de l'emploi (ONEm),

Caisse auxiliaire de paiement des allocations de chômage (CAPAC)

erlässt

DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Arabadjiev sowie der Richter S. Rodin (Berichterstatter) und E. Regan,

Generalanwalt: N. Wahl,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der belgischen Regierung, vertreten durch M. Jacobs und L. Van den Broeck als Bevollmächtigte,
  • der dänischen Regierung, vertreten durch C. Thorning und M. S. Wolff als Bevollmächtigte,
  • des Rates der Europäischen Union, vertreten durch O. Segnana und A. Norberg als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch D. Martin als Bevollmächtigten,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 67 Abs. 3 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, in der durch die Verordnung (EG) Nr. 118/97 des Rates vom 2. Dezember 1996 (ABl. 1997, L 28, S. 1) geänderten und aktualisierten Fassung, geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 592/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 (ABl. L 177, S. 1) (im Folgenden: Verordnung Nr. 1408/71), sowie die Vereinbarkeit dieser Bestimmung mit den Art. 45 AEUV, 48 AEUV und 15 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta).

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen zweier vor dem vorlegenden Gericht verbundener Rechtsstreitigkeiten zwischen dem Office national de l'emploi (ONEm) (im Folgenden: ONEm) und Herrn M. sowie diesem und dem ONEm und der Caisse auxiliaire de paiement des allocations de chômage (CAPAC) wegen der Zahlung von Arbeitslosengeld und einer Zulage zur Gewährleistung des Einkommens.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Art. 3 „Gleichbehandlung”) Abs. 1 der Verordnung Nr. 1408/71 bestimmt:

„Die Personen, für die diese Verordnung gilt, haben die gleichen Rechte und Pflichten aufgrund der Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats wie die Staatsangehörigen dieses Staates, soweit besondere Bestimmungen dieser Verordnung nichts anderes vorsehen.”

Rz. 4

Art. 67 „Zusammenrechnung der Versicherungs- oder Beschäftigungszeiten”) dieser Verordnung hat folgenden Wortlaut:

„(1) Der zuständige Träger eines Mitgliedstaats, nach dessen Rechtsvorschriften der Erwerb, die Aufrechterhaltung oder das Wiederaufleben des Leistungsanspruchs von der Zurücklegung von Versicherungszeiten abhängig ist, berücksichtigt, soweit erforderlich, die Versicherungs- oder Beschäftigungszeiten, die als Arbeitnehmer nach...

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