Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Visum mit räumlich beschränkter Gültigkeit. Erteilung eines Visums aus humanitären Gründen oder aufgrund internationaler Verpflichtungen. Begriff ‚internationale Verpflichtungen’. Charta der Grundrechte der Europäischen Union. Europäische Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten. Genfer Abkommen. Erteilung eines Visums bei erwiesener Gefahr eines Verstoßes gegen Art. 4 und/oder Art. 18 der Grundrechtecharta. Fehlen einer Verpflichtung

 

Normenkette

Verordnung (EG) Nr. 810/2009 Art. 25 Abs. 1 Buchst.a

 

Beteiligte

X und X

X und X

État Belge

 

Tenor

Art. 1 der Verordnung (EG) Nr. 810/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über einen Visakodex der Gemeinschaft (Visakodex) in der durch die Verordnung (EU) Nr. 610/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass für einen Antrag auf ein Visum mit räumlich beschränkter Gültigkeit, der von einem Drittstaatsangehörigen aus humanitären Gründen auf der Grundlage von Art. 25 dieses Kodex bei der Vertretung des Zielmitgliedstaats im Hoheitsgebiet eines Drittstaats in der Absicht gestellt wird, sogleich nach seiner Ankunft in diesem Mitgliedstaat einen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen und sich infolgedessen in einem Zeitraum von 180 Tagen länger als 90 Tage dort aufzuhalten, nicht der Visakodex gilt, sondern beim gegenwärtigen Stand des Unionsrechts allein das nationale Recht.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Conseil du Contentieux des Étrangers (Rat für Ausländerstreitsachen, Belgien) mit Entscheidung vom 8. Dezember 2016, beim Gerichtshof eingegangen am 12. Dezember 2016, in dem Verfahren

X und X

gegen

État belge

erlässt

DER GERICHTSHOF (Große Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten K. Lenaerts, des Vizepräsidenten A. Tizzano, der Kammerpräsidenten L. Bay Larsen, T. von Danwitz und J. L. da Cruz Vilaça, der Kammerpräsidentin M. Berger (Berichterstatterin), der Richter A. Borg Barthet und A. Arabadjiev, der Richterin C. Toader sowie der Richter M. Safjan, E. Jarašiūnas, C. G. Fernlund, C. Vajda, S. Rodin und F. Biltgen,

Generalanwalt: P. Mengozzi,

Kanzler: V. Giacobbo-Peyronnel, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 30. Januar 2017,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • von X und X, vertreten durch T. Wibault und P. Robert, avocats,
  • der belgischen Regierung, vertreten durch C. Pochet und M. Jacobs als Bevollmächtigte im Beistand von C. L'hoir, M. Van Regemorter und F. Van Dijck, Sachverständige, sowie von E. Derriks und F. Motulsky, avocats,
  • der tschechischen Regierung, vertreten durch M. Smolek als Bevollmächtigten,
  • der dänischen Regierung, vertreten durch N. Lyshøj und C. Thorning als Bevollmächtigte,
  • der deutschen Regierung, vertreten durch T. Henze als Bevollmächtigten,
  • der estnischen Regierung, vertreten durch N. Grünberg als Bevollmächtigte,
  • der französischen Regierung, vertreten durch E. Armoet als Bevollmächtigte,
  • der ungarischen Regierung, vertreten durch M. Fehér als Bevollmächtigten,
  • der maltesischen Regierung, vertreten durch A. Buhagiar als Bevollmächtigte,
  • der niederländischen Regierung, vertreten durch M. de Ree als Bevollmächtigte,
  • der österreichischen Regierung, vertreten durch J. Schmoll als Bevollmächtigte,
  • der polnischen Regierung, vertreten durch M. Kamejsza, M. Pawlicka und B. Majczyna als Bevollmächtigte,
  • der slowenischen Regierung, vertreten durch V. Klemenc und T. Mihelič Žitko als Bevollmächtigte,
  • [berichtigt mit Beschluss vom 24. März 2017] der slowakischen Regierung, vertreten durch M. Kianička als Bevollmächtigten,
  • der finnischen Regierung, vertreten durch J. Heliskoski als Bevollmächtigten,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch C. Cattabriga und G. Wils als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 7. Februar 2017

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 25 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung (EG) Nr. 810/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über einen Visakodex der Gemeinschaft (Visakodex) (ABl. 2009, L 243, S. 1, berichtigt im ABl. 2013, L 154, S. 10) in der durch die Verordnung (EU) Nr. 610/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 (ABl. 2013, L 182, S. 1) geänderten Fassung (im Folgenden: Visakodex) sowie der Art. 4 und 18 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta).

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen X und X und dem belgischen Staat wegen der Verweigerung der Erteilung von Visa mit räumlich beschränkter Gültigkeit.

Rechtlicher Rahmen

Internationales Recht

Rz. 3

Art. 1 („Verpflichtung zur Achtung der Menschenrechte”) der am 4. November 1950 in Rom unterzeichneten Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreihei...

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