Entscheidungsstichwort (Thema)

Verbreitung von Sendungen kommerzieller Fernsehsender durch Dritte über Internet. ‚Livestreaming’. Öffentliche Wiedergabe

 

Normenkette

Richtlinie 2001/29/EG Art. 3 Abs. 1

 

Beteiligte

ITV Broadcasting

ITV Broadcasting Ltd

ITV 2 Ltd

ITV Digital Channels Ltd

Channel 4 Television Corporation

4 Ventures Ltd

Channel 5 Broadcasting Ltd

ITV Studios Ltd

TVCatchup Ltd

 

Tenor

1. Der Begriff „öffentliche Wiedergabe” im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft ist dahin auszulegen, dass er einer Weiterverbreitung der in eine terrestrische Fernsehsendung integrierten Werke erfasst,

  • die von einer anderen Einrichtung als dem ursprünglichen Sendeunternehmen
  • mittels eines Internetstreamings vorgenommen wird, das den Abonnenten dieser Einrichtung zugänglich gemacht wird, die diese Weiterverbreitung dadurch empfangen können, dass sie sich mit dem Server dieser Einrichtung verbinden,
  • obwohl sich diese Abonnenten im Sendegebiet dieser terrestrischen Fernsehsendung befinden und diese rechtmäßig mittels eines Empfangsgeräts empfangen können.

2. Die Antwort auf die erste Frage wird nicht dadurch beeinflusst, dass eine Weiterverbreitung der im Ausgangsverfahren fraglichen Art durch Werbung finanziert wird und auf diese Weise Erwerbszwecken dient.

3. Die Antwort auf die erste Frage wird nicht dadurch beeinflusst, dass eine Weiterverbreitung der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Art durch eine Einrichtung erfolgt, die mit dem ursprünglichen Sendeunternehmen in unmittelbarem Wettbewerb steht.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom High Court of Justice (England & Wales) (Chancery Division) (Vereinigtes Königreich) mit Entscheidung vom 17. November 2011, beim Gerichtshof eingegangen am 28. November 2011, in dem Verfahren

ITV Broadcasting Ltd,

ITV 2 Ltd,

ITV Digital Channels Ltd,

Channel 4 Television Corporation,

4 Ventures Ltd,

Channel 5 Broadcasting Ltd,

ITV Studios Ltd

gegen

TVCatchup Ltd

erlässt

DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten L. Bay Larsen, des Vizepräsidenten des Gerichtshofs K. Lenaerts in Wahrnehmung der Aufgaben eines Richters der Vierten Kammer sowie der Richter J. Malenovský (Berichterstatter), U. Lýhmus und M. Safjan,

Generalanwalt: Y. Bot,

Kanzler: K. Malacek, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 19. November 2012,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der ITV Broadcasting Ltd, der ITV 2 Ltd, der ITV Digital Channels Ltd, der Channel 4 Television Corporation, der 4 Ventures Ltd, der Channel 5 Broadcasting Ltd und der ITV Studios Ltd, vertreten durch J. Mellor, QC, J. Bowhill, Barrister, und P. Stevens und J. Vertes, Solicitors,
  • der TVCatchup Ltd, vertreten durch L. Gilmore, Solicitor, und M. Howe, QC,
  • der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch S. Ossowski und L. Christie als Bevollmächtigte im Beistand von C. May, Barrister,
  • der französischen Regierung, vertreten durch G. de Bergues und M. Perrot als Bevollmächtigte,
  • der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von M. Russo, avvocato dello Stato,
  • der polnischen Regierung, vertreten durch M. Szpunar und B. Majczyna als Bevollmächtigte,
  • der portugiesischen Regierung, vertreten durch L. Inez Fernandes und N. Conde als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch J. Samnadda und F. Wilman als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (ABl. L 167, S. 10).

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits der ITV Broadcasting Ltd, der ITV 2 Ltd, der ITV Digital Channels Ltd, der Channel 4 Television Corporation, der 4 Ventures Ltd, der Channel 5 Broadcasting Ltd und der ITV Studios Ltd gegen die TVCatchup Ltd (im Folgenden: TVC) wegen der Verbreitung der von den Klägerinnen des Ausgangsverfahrens übertragenen Fernsehsendungen durch TVC über das Internet und praktisch in Echtzeit.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Die Erwägungsgründe 23 und 27 der Richtlinie 2001/29 lauten:

„(23) Mit dieser Richtlinie sollte das für die öffentliche Wiedergabe geltende Urheberrecht weiter harmonisiert werden. Dieses Recht sollte im weiten Sinne verstanden werden, nämlich dahin gehend, dass es jegliche Wiedergabe an die Öffentlichkeit umfasst, die an dem Ort, an dem die Wiedergabe ihren Ursprung nimmt, nicht anwesend ist. Dieses Recht sollte jegliche e...

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