Entscheidungsstichwort (Thema)

Verstoß gegen Art. 49 EG-Vertrag und der Richtlinie 89/48/EWG durch die italienische Republik über eine allgemeine Anerkennung der Hochschuldiplome. Verstoß gegen Art. 43 bei Zugang zum Anwaltsberuf und Ausübung dieses Berufes

 

Normenkette

EGVtr Art. 43; EGV Art. 49

 

Beteiligte

Kommission / Italien

Kommission der Europäischen Gemeinschaften

Italienische Republik

 

Tenor

1. Die Italienische Republik hat gegen ihre Verpflichtungen aus den Artikeln 52 und 59 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 43 EG und 49 EG) sowie der Richtlinie 89/48/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 über eine allgemeine Regelung zur Anerkennung der Hochschuldiplome, die eine mindestens dreijährige Berufsausbildung abschliessen, verstoßen, indem sie

unter Verstoß gegen Artikel 59 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 49 EG) für Rechtsanwälte, die in anderen Mitgliedstaaten niedergelassen sind und ihre Tätigkeit in Italien im Rahmen des freien Dienstleistungsverkehrs ausüben, ein allgemeines Verbot aufrechterhält, in Italien über die zur Erbringung ihrer Dienstleistungen erforderliche Infrastruktur zu verfügen,

die Rechtsanwälte unter Verstoß gegen Artikel 52 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 43 EG) verpflichtet, im Bezirk des Gerichts zu wohnen, in dessen Liste sie eingetragen sind, und

die Richtlinie 89/48 unvollständig umgesetzt hat, da es an einer Durchführungsregelung fehlt, die die Modalitäten der Eignungsprüfung für Rechtsanwälte aus anderen Mitgliedstaaten festlegt.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Die Italienische Republik und die Kommission der Europäischen Gemeinschaften tragen jeweils ihre eigenen Kosten.

 

Gründe

1.

Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat mit Klageschrift, die am 21. April 1999 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, gemäß Artikel 169 EG-Vertrag (jetzt Artikel 226 EG) Klage auf Feststellung erhoben, dass die Italienische Republik gegen ihre Verpflichtungen aus den Artikeln 52 und 59 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 43 EG und 49 EG) sowie der Richtlinie 89/48/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 über eine allgemeine Regelung zur Anerkennung der Hochschuldiplome, die eine mindestens dreijährige Berufsausbildung abschließen (ABl. 1989, L 19, S. 16), verstoßen hat, indem sie

unter Verstoß gegen Artikel 59 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 49 EG) für Rechtsanwälte, die in anderen Mitgliedstaaten niedergelassen sind und ihre Tätigkeit in Italien im Rahmen des freien Dienstleistungsverkehrs ausüben, ein allgemeines Verbot aufrechterhält, in Italien über die zur Erbringung ihrer Dienstleistungen erforderliche Infrastruktur zu verfügen,

unter Verstoß gegen Artikel 52 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 43 EG) die Eintragung als Rechtsanwalt in ein italienisches Anwaltsverzeichnis vom Besitz der italienischen Staatsangehörigkeit und dem Besitz ausschließlich in Italien erworbener Befähigungen sowie von der Beibehaltung des Wohnsitzes in einem italienischen Gerichtsbezirk abhängig macht,

gegenüber Rechtsanwälten aus anderen Mitgliedstaaten in diskriminierender Form die in Artikel 4 der Richtlinie 89/48 vorgesehenen Ausgleichsmaßnahmen (Eignungsprüfung) anwendet und

die Richtlinie 89/48 unvollständig umgesetzt hat, da es an einer Durchführungsregelung fehlt, die die Modalitäten der Eignungsprüfung für Rechtsanwälte aus anderen Mitgliedstaaten festlegt.

2.

Der von Rechtsanwalt J. Lau gestellte Streithilfeantrag zur Unterstützung der Anträge der Kommission ist mit Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofes vom 5. Juli 1999 als offensichtlich unzulässig zurückgewiesen worden.

Rechtlicher Rahmen

Gemeinschaftsrecht

3.

Die Richtlinie 89/48 führt eine allgemeine Regelung zur Anerkennung der Hochschuldiplome ein, die eine mindestens dreijährige Berufsausbildung abschließen.

4.

Nach Artikel 1 Buchstabe g Unterabsatz 1 der Richtlinie 89/48 gilt als Eignungsprüfung eine ausschließlich die beruflichen Kenntnisse des Antragstellers betreffende und von den zuständigen Stellen des Aufnahmestaats durchgeführte Prüfung, mit der die Fähigkeit des Antragstellers, in diesem Mitgliedstaat einen reglementierten Beruf auszuüben, beurteilt werden soll.

5.

Die Unterabsätze 2, 3 und 4 dieser Vorschrift lauten wie folgt:

Für die Zwecke dieser Prüfung erstellen die zuständigen Stellen ein Verzeichnis der Sachgebiete, die aufgrund eines Vergleichs zwischen der in ihrem Staat verlangten Ausbildung und der bisherigen Ausbildung des Antragstellers von dem Diplom oder dem bzw. den Prüfungszeugnissen, die der Antragsteller vorlegt, nicht abgedeckt werden.

Die Eignungsprüfung muss dem Umstand Rechnung tragen, dass der Antragsteller in seinem Heimat- oder Herkunftsmitgliedstaat über eine berufliche Qualifikation verfügt. Sie erstreckt sich auf Sachgebiete, die aus den in dem Verzeichnis enthaltenen Sachgebieten auszuwählen sind und deren Kenntnis eine wesentliche Voraussetzung für eine Ausübung des Berufs im Aufnahmestaat ist. Diese Prüfung kann sich auch auf die Kenntnis der sich auf die betref...

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