Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Gleichbehandlung ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft. Kreditinstitut, das einen zusätzlichen Identitätsnachweis in Form einer Kopie des Reisepasses oder der Aufenthaltserlaubnis von Personen verlangt, die für einen Kauf eines Kraftfahrzeugs einen Darlehensantrag stellen und sich mit einem Führerschein ausgewiesen haben, der ein anderes Geburtsland angibt als einen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA)

 

Normenkette

Richtlinie 2000/43/EG Art. 2 Abs. 2 Buchst. a, b

 

Beteiligte

Jyske Finans

Jyske Finans A/S

Ligebehandlingsnævnet, handelnd für Ismar Huskic

 

Tenor

Art. 2 Abs. 2 Buchst. a und b der Richtlinie 2000/43/EG des Rates vom 29. Juni 2000 zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft ist dahin auszulegen, dass er einer Praxis eines Kreditinstituts nicht entgegensteht, wonach einem Kunden, in dessen Führerschein ein anderes Geburtsland als ein Mitgliedstaat der Europäischen Union oder der Europäischen Freihandelsassoziation angegeben ist, das Erfordernis einer zusätzlichen Identifizierung durch Vorlage einer Kopie seines Reisepasses oder seiner Aufenthaltserlaubnis auferlegt wird.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Vestre Landsret (Berufungsgericht der Region West, Dänemark) mit Entscheidung vom 17. November 2015, beim Gerichtshof eingegangen am 14. Dezember 2015, in dem Verfahren

Jyske Finans A/S

gegen

Ligebehandlingsnævnet, handelnd für Ismar Huskic,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin R. Silva de Lapuerta sowie der Richter E. Regan, A. Arabadjiev (Berichterstatter), C. G. Fernlund und S. Rodin,

Generalanwalt: N. Wahl,

Kanzler: I. Illéssy, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 12. Oktober 2016,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der Jyske Finans A/S, vertreten durch C. Led-Jensen, advokat,
  • der dänischen Regierung, vertreten durch C. Thorning als Bevollmächtigten im Beistand von R. Holdgaard, advokat,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch D. Martin und zunächst M. Clausen, dann L. Grønfeldt als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 1. Dezember 2016

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 2 Abs. 2 Buchst. a und b der Richtlinie 2000/43/EG des Rates vom 29. Juni 2000 zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft (ABl. 2000, L 180, S. 22) sowie von Art. 13 der Richtlinie 2005/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Oktober 2005 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung (ABl. 2005, L 309, S. 15).

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Jyske Finans A/S und der Ligebehandlingsnævnet (Beschwerdeausschuss für Gleichbehandlung, Dänemark), handelnd für Herrn Ismar Huskic, über die Rechtmäßigkeit einer internen Verfahrensregel dieser Gesellschaft, die darin besteht, einen zusätzlichen Identitätsnachweis in Form einer Kopie des Reisepasses oder einer Aufenthaltserlaubnis von Personen zu verlangen, die für einen Kauf eines Kraftfahrzeugs einen Darlehensantrag stellen und sich mit einem Führerschein ausgewiesen haben, der ein anderes Geburtsland angibt als einen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA).

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Nach dem achten Erwägungsgrund der Richtlinie 2000/43 „[wird i]n den vom Europäischen Rat auf seiner Tagung am 10. und 11. Dezember 1999 in Helsinki vereinbarten beschäftigungspolitischen Leitlinien für das Jahr 2000 … die Notwendigkeit unterstrichen, günstigere Bedingungen für die Entstehung eines Arbeitsmarktes zu schaffen, der soziale Integration fördert; dies soll durch ein Bündel aufeinander abgestimmter Maßnahmen geschehen, die darauf abstellen, Diskriminierungen bestimmter gesellschaftlicher Gruppen, wie ethnischer Minderheiten, zu bekämpfen”.

Rz. 4

Im 13. Erwägungsgrund dieser Richtlinie heißt es, dass „jede unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung aus Gründen der Rasse oder der ethnischen Herkunft in den von der Richtlinie abgedeckten Bereichen [unions]weit untersagt werden [sollte]. Dieses Diskriminierungsverbot sollte auch hinsichtlich Drittstaatsangehörigen angewandt werden, betrifft jedoch keine Ungleichbehandlungen aufgrund der Staatsangehörigkeit und lässt die Vorschriften über die Einreise und den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen und ihren Zugang zu Beschäftigung und Beruf unberührt.”

Rz. 5

Zweck der Richtlinie 2000/43 ist gemäß ihrem Art. 1 „die Schaffung eines Rahmens zur Bekämpfung der Diskriminierung aufgrund der Rasse oder der ethnischen Herkunft im Hinblick auf die Verwirklichung des Grundsatz...

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