Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorabentscheidungsersuchen. Unterlassungsklage eines regionalen Verbraucherschutzvereins. Örtlich zuständiges Gericht. Keine Möglichkeit eines Rechtsbehelfs gegen eine erstinstanzliche Entscheidung, mit der die Zuständigkeit verneint wird. Verfahrensautonomie der Mitgliedstaaten. Grundsätze der Äquivalenz und der Effektivität

 

Normenkette

Richtlinie 93/13/EWG

 

Beteiligte

Asociación de Consumidores Independientes de Castilla y León

Asociación de Consumidores Independientes de Castilla y León

Anuntis Segundamano España SL

 

Tenor

Die Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen und die Grundsätze der Effektivität und der Äquivalenz sind dahin auszulegen, dass sie einer Regelung eines Mitgliedstaats wie der im Ausgangsverfahren fraglichen nicht entgegenstehen, wonach im Bereich der Unterlassungsklagen von Verbraucherschutzvereinen zum einen eine solche Klage bei den Gerichten am Ort der Niederlassung oder des (Wohn-)Sitzes des Beklagten erhoben werden muss und zum anderen gegen die Entscheidung, mit der ein erstinstanzliches Gericht sich für örtlich unzuständig erklärt, kein Rechtsmittel gegeben ist.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht von der Audiencia Provincial de Salamanca (Spanien) mit Entscheidung vom 7. September 2012, beim Gerichtshof eingegangen am 11. September 2012, in dem Verfahren

Asociación de Consumidores Independientes de Castilla y León

gegen

Anuntis Segundamano España SL

erlässt

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Ilešič, der Richter C. G. Fernlund und A. Ó Caoimh, der Richterin C. Toader (Berichterstatterin) und des Richters E. Jarašiūnas,

Generalanwalt: P. Mengozzi,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der Asociación de Consumidores Independientes de Castilla y León, vertreten durch S. Román Capillas, procuradora, im Beistand von A. Castro Martín, letrado,
  • der spanischen Regierung, vertreten durch S. Centeno Huerta als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch J. Baquero Cruz, M. van Beek und M. Owsiany-Hornung als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 5. September 2013

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (ABl. L 95, S. 29).

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Asociación de Consumidores Independientes de Castilla y León (im Folgenden: ACICL) und der Anuntis Segundamano España SL (im Folgenden: ASE) über eine Unterlassungsklage, die auf Nichtigerklärung einiger der im Internetportal von ASE wiedergegebenen Nutzungsbedingungen gerichtet ist.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Die Erwägungsgründe 23 und 24 der Richtlinie 93/13 lauten:

„Personen und Organisationen, die nach dem Recht eines Mitgliedstaats ein berechtigtes Interesse geltend machen können, den Verbraucher zu schützen, müssen Verfahren, die Vertragsklauseln im Hinblick auf eine allgemeine Verwendung in Verbraucherverträgen, insbesondere missbräuchliche Klauseln, zum Gegenstand haben, bei Gerichten oder Verwaltungsbehörden, die für die Entscheidung über Klagen bzw. Beschwerden oder die Eröffnung von Gerichtsverfahren zuständig sind, einleiten können. Diese Möglichkeit bedeutet jedoch keine Vorabkontrolle der in einem beliebigen Wirtschaftssektor verwendeten allgemeinen Bedingungen.

Die Gerichte oder Verwaltungsbehörden der Mitgliedstaaten müssen über angemessene und wirksame Mittel verfügen, damit der Verwendung missbräuchlicher Klauseln in Verbraucherverträgen ein Ende gesetzt wird –”.

Rz. 4

Art. 7 Abs. 1 und 2 der Richtlinie lautet:

„(1) Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass im Interesse der Verbraucher und der gewerbetreibenden Wettbewerber angemessene und wirksame Mittel vorhanden sind, damit der Verwendung missbräuchlicher Klauseln durch einen Gewerbetreibenden in den Verträgen, die er mit Verbrauchern schließt, ein Ende gesetzt wird.

(2) Die in Absatz 1 genannten Mittel müssen auch Rechtsvorschriften einschließen, wonach Personen oder Organisationen, die nach dem innerstaatlichen Recht ein berechtigtes Interesse am Schutz der Verbraucher haben, im Einklang mit den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften die Gerichte oder die zuständigen Verwaltungsbehörden anrufen können, damit diese darüber entscheiden, ob Vertragsklauseln, die im Hinblick auf eine allgemeine Verwendung abgefasst wurden, missbräuchlich sind, und angemessene und wirksame Mittel anwenden, um der Verwendung solcher Klauseln ein Ende zu setzen.”

Spanisches Recht

Rz. 5

Art. 52 Abs. 1 Nrn. 14 und 16 der Ley de Enjuiciamiento Civil (Zivilprozessgesetz, im Folgenden: LEC), der sich in Kapitel II („Zuständigkeitsregeln”) Abschnitt 2 („örtliche Zuständigkeit”) von Titel II über...

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