Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Soziale Sicherheit. Nationale Regelung, nach der eine Rente unter der Voraussetzung einer Unterbrechung von Rentenbeitragszahlungen gewährt wird. Erwerb fehlender Versicherungszeiten durch Nachentrichtung von Beitragszahlungen. Zusammenfallen von Versicherungszeiten in mehreren Mitgliedstaaten. Wahlrecht des Versicherten, vom Grundsatz der Zusammenrechnung der Beitrags- und Versicherungszeiten abzuweichen. Entzug der gewährten Rente und Rückforderung des zu viel gezahlten Betrags. Pflicht zur Zahlung von Zinsen

 

Normenkette

Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 Art. 12, 94; Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 Art. 46; Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 Art. 45

 

Beteiligte

Somova

Snezhana Somova

Glaven direktor na Stolichno upravlenie „Sotsialno osiguryavane”

 

Tenor

1. Art. 49 AEUV steht einer Regelung eines Mitgliedstaats wie Art. 94 Abs. 1 des bulgarischen Sozialversicherungsgesetzbuchs (Kodeks za sotsialnoto osiguryavane) entgegen, wonach die Feststellung von Altersrentenansprüchen von der Voraussetzung abhängt, dass im Hinblick auf eine in einem anderen Mitgliedstaat ausgeübte Tätigkeit eine Unterbrechung der Beitragszahlungen für die soziale Sicherheit vorliegt.

2. Art. 45, Art. 46 Abs. 2 und Art. 94 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, in der durch die Verordnung (EG) Nr. 118/97 des Rates vom 2. Dezember 1996 geänderten und aktualisierten Fassung, geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1992/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2006, sind dahin auszulegen, dass diese Vorschriften den Sozialversicherten kein Wahlrecht einräumen, im Hinblick auf die Feststellung des Anspruchs auf Leistungen in einem Mitgliedstaat diejenigen Versicherungszeiten unberücksichtigt zu lassen, die in einem anderen Mitgliedstaat zurückgelegt wurden, bevor diese Verordnung im erstgenannten Mitgliedstaat zur Anwendung kam.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Administrativen sad Sofia-grad (Bulgarien) mit Entscheidung vom 12. Februar 2013, beim Gerichtshof eingegangen am 4. März 2013, in dem Verfahren

Snezhana Somova

gegen

Glaven direktor na Stolichno upravlenie „Sotsialno osiguryavane”

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Tizzano, des Richters E. Levits, der Richterin M. Berger (Berichterstatterin) sowie der Richter S. Rodin und F. Biltgen,

Generalanwalt: M. Wathelet,

Kanzler: M. Aleksejev, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 9. Januar 2014,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der bulgarischen Regierung, vertreten durch E. Petranova und Y. Atanasov als Bevollmächtigte,
  • von Irland, vertreten durch E. Creedon als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch M. Kellerbauer, D. Roussanov, V. Kreuschitz und S. Petrova als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 5. März 2014

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 48 Abs. 1 Buchst. a AEUV und Art. 49 AEUV sowie von Art. 12 Abs. 1 und 2, Art. 46 Abs. 1 und 2 und Art. 94 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern (ABl. L 149, S. 2), in der durch die Verordnung (EG) Nr. 118/97 des Rates vom 2. Dezember 1996 (ABl. 1997, L 28, S. 1) geänderten und aktualisierten Fassung, geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1992/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2006 (ABl. L 392, S. 1) (im Folgenden: Verordnung Nr. 1408/71).

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Frau Somova und dem Glaven director na Stolichno upravlenie „Sotsialno osiguryavane” (Generaldirektor der Rentenversicherung in Sofia, im Folgenden: SUSO) wegen des Bescheids, mit dem dieser ihr aufgegeben hat, die im Rahmen einer persönlichen Altersrente gewährten Beträge zuzüglich Zinsen zurückzuzahlen, weil diese Rente unter Verstoß gegen Art. 94 Abs. 1 des Kodeks za sotsialnoto osiguryavane (bulgarisches Sozialversicherungsgesetzbuch, im Folgenden: KSO) gewährt worden sei.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Die zum im Ausgangsverfahren maßgeblichen Zeitpunkt geltende Verordnung Nr. 1408/71 wurde durch die Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (ABl. L 166, S. 1) aufgehoben.

Rz. 4

Art. 12 („Verbot des Zusammentreffens von Leistungen”) Abs. 1 und 2 der Verordnung Nr. 1408/71 bestimmte:

„(1) Ein Anspruch auf mehrere Leistungen gleicher Art aus derselben Pflichtversiche...

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