Entscheidungsstichwort (Thema)

Soziale Sicherheit. Freier Dienstleistungsverkehr. Krankenversicherung. In einem anderen Mitgliedstaat erbrachte Krankenhausbehandlung. Vorherige Genehmigung. Voraussetzungen des Art. 22 Abs. 2 Unterabs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71. Modalitäten der Erstattung von in einem anderen Mitgliedstaat entstandenen Krankenhauskosten an einen Sozialversicherten. Verpflichtung eines untergeordneten Gerichts, Hinweise eines übergeordneten Gerichts zu befolgen

 

Beteiligte

Elchinov

Georgi Ivanov Elchinov

Natsionalna zdravnoosiguritelna kasa

 

Tenor

1. Das Unionsrecht steht dem entgegen, dass ein nationales Gericht, das nach der Zurückverweisung durch ein im Rechtsmittelverfahren angerufenes höheres Gericht in der Sache zu entscheiden hat, entsprechend den nationalen Verfahrensvorschriften an die rechtliche Beurteilung des höheren Gerichts gebunden ist, wenn das nationale Gericht der Auffassung ist, dass diese Beurteilung unter Berücksichtigung der Auslegung, um die es den Gerichtshof ersucht hat, nicht dem Unionsrecht entspricht.

2. Die Art. 49 EG und 22 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, in der durch die Verordnung (EG) Nr. 118/97 des Rates vom 2. Dezember 1996 geänderten und aktualisierten Fassung, geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1992/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2006, stehen der Regelung eines Mitgliedstaats entgegen, die dahin ausgelegt wird, dass sie die Übernahme der Kosten einer ohne vorherige Genehmigung in einem anderen Mitgliedstaat erbrachten Krankenhausbehandlung in allen Fällen ausschließt.

3. Art. 22 Abs. 2 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 1408/71 in der durch die Verordnung Nr. 118/97 geänderten und aktualisierten Fassung, geändert durch die Verordnung Nr. 1992/2006, ist im Hinblick auf die medizinische Versorgung, die nicht in dem Mitgliedstaat erbracht werden kann, in dessen Gebiet der Sozialversicherte wohnt, dahin auszulegen, dass eine nach Abs. 1 Buchst. c Ziff. i dieser Vorschrift erforderliche Genehmigung nicht verweigert werden darf,

  • wenn die in den nationalen Rechtsvorschriften vorgesehenen Leistungen in einer Liste enthalten sind, die nicht ausdrücklich und genau die angewandte Behandlungsmethode nennt, sondern Behandlungstypen definiert, die von dem zuständigen Träger übernommen werden, und unter Anwendung der üblichen Auslegungsgrundsätze und nach vertiefter Betrachtung auf der Grundlage objektiver und nicht diskriminierender Kriterien unter Berücksichtigung aller einschlägigen medizinischen Kriterien und verfügbaren wissenschaftlichen Daten erwiesen ist, dass diese Behandlungsmethode Behandlungstypen entspricht, die in dieser Liste genannt werden, und
  • wenn eine ebenso wirksame Alternativbehandlung in dem Mitgliedstaat, in dessen Gebiet der Sozialversicherte wohnt, nicht rechtzeitig erbracht werden kann.

Die genannte Vorschrift steht dem entgegen, dass die nationalen Einrichtungen, die über einen Antrag auf vorherige Genehmigung zu entscheiden haben, bei Anwendung dieser Bestimmung vermuten, dass eine Krankenhausbehandlung, die in dem Mitgliedstaat, in dessen Gebiet der Sozialversicherte wohnt, nicht erbracht werden kann, nicht zu den Leistungen gehört, deren Kostenübernahme in den Rechtsvorschriften dieses Staates vorgesehen ist, und umgekehrt, dass eine Krankenhausbehandlung, die zu diesen Leistungen gehört, in diesem Mitgliedstaat erbracht werden kann.

4. Wenn erwiesen ist, dass die Versagung einer nach Art. 22 Abs. 1 Buchst. c Ziff. i der Verordnung Nr. 1408/71 in der durch die Verordnung Nr. 118/97 geänderten und aktualisierten Fassung, geändert durch die Verordnung Nr. 1992/2006, erforderlichen Genehmigung nicht begründet war, muss das nationale Gericht, wenn die Krankenhausbehandlung abgeschlossen ist und ihre Kosten von dem Sozialversicherten verauslagt worden sind, den zuständigen Träger nach den nationalen Verfahrensvorschriften verpflichten, dem Versicherten den Betrag zu erstatten, der normalerweise von dem Träger übernommen worden wäre, wenn die Genehmigung ordnungsgemäß erteilt worden wäre.

Die Höhe dieses Betrags wird nach den für den Träger des Mitgliedstaats geltenden Rechtsvorschriften ermittelt, in dessen Gebiet die Krankenhausbehandlung erbracht worden ist. Ist dieser Betrag niedriger als derjenige, der sich aus den Rechtsvorschriften des Wohnsitzmitgliedstaats bei einem dortigen Krankenhausaufenthalt ergeben hätte, ist dem Sozialversicherten zudem zulasten des zuständigen Trägers eine ergänzende Erstattung in Höhe des Unterschieds zwischen diesen beiden Beträgen zu gewähren, jedoch nur bis zur Höhe der tatsächlichen Kosten.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Administrativen sad Sofia-grad (Bulgarien) mit Entscheidung vom 28. April 2009, beim Gerichts...

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