Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Sozialpolitik. Grundsatz der Gleichbehandlung und Verbot der Diskriminierung wegen des Alters. Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf. Ungleichbehandlung wegen des Alters. Nationale Regelung, die in bestimmten Fällen für Einkünfte aus Altersrenten eine höhere Besteuerung vorsieht als für Einkünfte aus Erwerbstätigkeit. Geltungsbereich der Richtlinie 2000/78. Zuständigkeit der Europäischen Union im Bereich der direkten Steuern

 

Normenkette

Richtlinie 2000/78/EG Art. 2-3, 6

 

Beteiligte

C

C

 

Tenor

Art. 3 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf ist dahin auszulegen, dass eine nationale Regelung wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende, die eine Zusatzsteuer auf Renteneinkünfte vorsieht, nicht in den materiellen Geltungsbereich dieser Richtlinie und folglich auch nicht in den von Art. 21 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union fällt.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Korkein hallinto-oikeus (Oberstes Verwaltungsgericht, Finnland) mit Entscheidung vom 6. März 2015, beim Gerichtshof eingegangen am 10. März 2015, in dem Verfahren auf Antrag von

C

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin R. Silva de Lapuerta sowie der Richter A. Arabadjiev (Berichterstatter), J.-C. Bonichot, C. G. Fernlund und S. Rodin,

Generalanwältin: J. Kokott,

Kanzler: C. Strömholm, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 10. Dezember 2015,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • von C, vertreten durch K. Suominen und A. Kukkonen, asianajaja,
  • der finnischen Regierung, vertreten durch S. Hartikainen als Bevollmächtigten,
  • von Irland, vertreten durch J. Quaney und A. Joyce als Bevollmächtigte,
  • der portugiesischen Regierung, vertreten durch L. Inez Fernandes, C. Freire und M. Conceição Queirós als Bevollmächtigte,
  • der schwedischen Regierung, vertreten durch A. Falk, U. Persson, N. Otte Widgren, C. Meyer-Seitz, E. Karlsson und L. Swedenborg als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch D. Martin und I. Koskinen als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 28. Januar 2016

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung des Verbots der Diskriminierung wegen des Alters, von Art. 2 Abs. 1 und Abs. 2 Buchst. a, Art. 3 Abs. 1 Buchst. c und Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (ABl. 2000, L 303, S. 16) sowie von Art. 21 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta).

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen einer Klage von C gegen die Entscheidung der finnischen Steuerverwaltung, ihm gegenüber eine Zusatzsteuer von 6 % auf den Anteil der Einkünfte aus Altersrenten (im Folgenden auch: Renteneinkünfte), der nach Abzug des Rentenfreibetrags 45 000 Euro pro Jahr übersteigt, festzusetzen.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Nach dem 13. Erwägungsgrund der Richtlinie 2000/78 findet diese „[keine] Anwendung auf die Sozialversicherungs- und Sozialschutzsysteme, deren Leistungen nicht einem Arbeitsentgelt in dem Sinne gleichgestellt werden, der diesem Begriff für die Anwendung des Artikels [157 AEUV] gegeben wurde”.

Rz. 4

Nach Art. 1 dieser Richtlinie ist deren Zweck „die Schaffung eines allgemeinen Rahmens zur Bekämpfung der Diskriminierung wegen der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung in Beschäftigung und Beruf im Hinblick auf die Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung in den Mitgliedstaaten”.

Rz. 5

Art. 2 der Richtlinie bestimmt:

„(1) Im Sinne dieser Richtlinie bedeutet ‚Gleichbehandlungsgrundsatz', dass es keine unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung wegen eines der in Artikel 1 genannten Gründe geben darf.

(2) Im Sinne des Absatzes 1

  1. liegt eine unmittelbare Diskriminierung vor, wenn eine Person wegen eines der in Artikel 1 genannten Gründe in einer vergleichbaren Situation eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person erfährt, erfahren hat oder erfahren würde;
  2. liegt eine mittelbare Diskriminierung vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen mit einer bestimmten Religion oder Weltanschauung, einer bestimmten Behinderung, eines bestimmten Alters oder mit einer bestimmten sexuellen Ausrichtung gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn:

i) diese Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt, und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich …

…”

Rz. 6

Art. 3 („Geltun...

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