Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorabentscheidungsersuchen. Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts. Justizielle Zusammenarbeit in Zivilsachen. Zuständigkeit für Entscheidungen, die die elterliche Verantwortung betreffen. Verfahren betreffend das Sorgerecht für ein Kind mit gewöhnlichem Aufenthalt im Wohnsitzmitgliedstaat seiner Mutter. Zuständigkeitsvereinbarung zugunsten eines Gerichts des Wohnsitzmitgliedstaats des Vaters des Kindes. Tragweite

 

Normenkette

Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 Art. 8, 15, 12

 

Beteiligte

E

E

B

 

Tenor

Die nach Art. 12 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 2201/2013 des Rates vom 27. November 2003 über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1347/2000 vereinbarte Zuständigkeit eines von den Trägern der elterlichen Verantwortung einvernehmlich angerufenen Gerichts eines Mitgliedstaats für Entscheidungen betreffend die elterliche Verantwortung erlischt mit dem Erlass einer rechtskräftigen Entscheidung in dem entsprechenden Verfahren.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Court of Appeal (England & Wales) (Civil division) (Vereinigtes Königreich) mit Entscheidung vom 2. August 2013, beim Gerichtshof eingegangen am selben Tag, in dem Verfahren

E.

gegen

B.

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin R. Silva de Lapuerta, des Vizepräsidenten des Gerichtshofs K. Lenaerts in Wahrnehmung der Aufgaben eines Richters der Zweiten Kammer sowie der Richter J. L. da Cruz Vilaça, J.-C. Bonichot und A. Arabadjiev (Berichterstatter),

Generalanwalt: N. Wahl,

Kanzler: L. Hewlett, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 15. Mai 2014,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • von Herrn E., vertreten durch C. Marín Pedreío, Solicitor, D. Williams, QC, und M. Gration, Barrister,
  • von Frau B., vertreten durch N. Hansen, Solicitor, H. Setright, QC, E. Devereaux und R. Genova Alquacil, advocates,
  • der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch V. Kaye als Bevollmächtigte und M. Gray, Barrister,
  • der deutschen Regierung, vertreten durch T. Henze und J. Kemper als Bevollmächtigte,
  • der spanischen Regierung, vertreten durch J. García-Valdecasas Dorrego als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch M. Wilderspin und A.-M. Rouchaud-Joët als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 8, 12 und 15 der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 des Rates vom 27. November 2003 über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1347/2000 (ABl. L 338, S. 1).

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Herrn E. (im Folgenden: Vater) und Frau B. (im Folgenden: Mutter) betreffend die Zuständigkeit der Gerichte des Vereinigten Königreichs, u. a. über die Bestimmung des gewöhnlichen Aufenthalts ihres Kindes S. und das Umgangsrecht des Vaters zu entscheiden.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Im 12. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 2201/2003 heißt es:

„Die in dieser Verordnung für die elterliche Verantwortung festgelegten Zuständigkeitsvorschriften wurden dem Wohle des Kindes entsprechend und insbesondere nach dem Kriterium der räumlichen Nähe ausgestaltet. Die Zuständigkeit sollte vorzugsweise dem Mitgliedstaat des gewöhnlichen Aufenthalts des Kindes vorbehalten sein außer in bestimmten Fällen, in denen sich der Aufenthaltsort des Kindes geändert hat oder in denen die Träger der elterlichen Verantwortung etwas anderes vereinbart haben.”

Rz. 4

Art. 8 („Allgemeine Zuständigkeit”) in Abschnitt 2 („Elterliche Verantwortung”) des Kapitels II („Zuständigkeit”) der Verordnung Nr. 2201/2003 bestimmt:

„(1) Für Entscheidungen, die die elterliche Verantwortung betreffen, sind die Gerichte des Mitgliedstaats zuständig, in dem das Kind zum Zeitpunkt der Antragstellung seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.

(2) Absatz 1 findet vorbehaltlich der Artikel 9, 10 und 12 Anwendung.”

Rz. 5

Art. 9 („Aufrechterhaltung der Zuständigkeit des früheren gewöhnlichen Aufenthaltsortes des Kindes”) der Verordnung Nr. 2201/2203 lautet:

„(1) Beim rechtmäßigen Umzug eines Kindes von einem Mitgliedstaat in einen anderen, durch den es dort einen neuen gewöhnlichen Aufenthalt erlangt, verbleibt abweichend von Artikel 8 die Zuständigkeit für eine Änderung einer vor dem Umzug des Kindes in diesem Mitgliedstaat ergangenen Entscheidung über das Umgangsrecht während einer Dauer von drei Monaten nach dem Umzug bei den Gerichten des früheren gewöhnlichen Aufenthalts des Kindes, wenn sich der laut der Entscheidung über...

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