Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Eilvorabentscheidungsverfahren. Gemeinsame Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes -Offensichtlich unbegründeter Antrag auf internationalen Schutz. Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf. Genehmigung, sich weiterhin im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats aufzuhalten. Illegaler Aufenthalt. Inhaftnahme

 

Normenkette

Verfahrensordnung des Gerichtshofs Art. 99; Richtlinie 2008/115/EG Art. 2-3, 15; Richtlinie 2013/32/EU Art. 46 Abs. 6, 8

 

Beteiligte

C u.a

Staatssecretaris van Veiligheid en Justitie

J

S

C

Staatssecretaris van Veiligheid en Justitie

 

Tenor

Die Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger und die Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes sind dahin auszulegen, dass sie dem entgegenstehen, dass ein Drittstaatsangehöriger, dessen Antrag auf internationalen Schutz erstinstanzlich von der zuständigen Verwaltungsbehörde als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, zwecks Abschiebung in Haft genommen wird, wenn er gemäß Art. 46 Abs. 6 und 8 der Richtlinie 2013/32 berechtigt ist, im Hoheitsgebiet zu bleiben, bis über seinen das Recht zum Verbleib im Hoheitsgebiet bis zur Entscheidung über die Klage gegen die Ablehnung seines Antrags auf internationalen Schutz betreffenden Rechtsbehelf entschieden wurde.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Raad van State (Staatsrat, Niederlande) mit Entscheidung vom 19. April 2018, beim Gerichtshof eingegangen am 19. April 2018, in dem Verfahren

Staatssecretaris van Veiligheid en Justitie

gegen

C

und

J,

S

gegen

Staatssecretaris van Veiligheid en Justitie

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin R. Silva de Lapuerta sowie der Richter C. G. Fernlund, J.-C. Bonichot (Berichterstatter), A. Arabadjiev und E. Regan,

Generalanwalt: N. Wahl,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des Antrags des vorlegenden Gerichts vom 19. April 2018, beim Gerichtshof eingegangen am 19. April 2018, das Vorabentscheidungsersuchen dem Eilverfahren gemäß Art. 107 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs zu unterwerfen,

aufgrund der Entscheidung der Ersten Kammer vom 15. Mai 2018, dem Antrag stattzugeben,

folgenden

Beschluss

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 2 der Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger (ABl. 2008, L 348, S. 98) sowie von Art. 46 Abs. 6 Buchst. a und Art. 46 Abs. 8 der Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes (ABl. 2013, L 180, S. 60).

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen von drei Rechtsstreitigkeiten, erstens des Staatssecretaris van Veiligheid en Justitie (Staatssekretär für Sicherheit und Justiz, Niederlande) (im Folgenden: Staatssekretär) gegen C sowie zweitens und drittens von J und S gegen den Staatssekretär, über die Rechtmäßigkeit der Inhaftierungen von C, J und S nach der Ablehnung ihrer Anträge auf internationalen Schutz als offensichtlich unbegründet im Sinne von Art. 32 Abs. 2 und Art. 46 Abs. 6 Buchst. a der Richtlinie 2013/32.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Richtlinie 2008/115

Rz. 3

Die Erwägungsgründe 9 und 12 der Richtlinie 2008/115 lauten:

„(9) Gemäß der Richtlinie 2005/85/EG des Rates vom 1. Dezember 2005 über Mindestnormen für Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Zuerkennung und Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft [(ABl. 2005, L 326, S. 13)] sollten Drittstaatsangehörige, die in einem Mitgliedstaat Asyl beantragt haben, so lange nicht als illegal im Hoheitsgebiet des betreffenden Mitgliedstaats aufhältige Person gelten, bis eine abschlägige Entscheidung über den Antrag oder eine Entscheidung, mit der [ihr] Aufenthaltsrecht als Asylbewerber beendet wird, bestandskräftig geworden ist.

(12) Die Situation von Drittstaatsangehörigen, die sich unrechtmäßig im Land aufhalten, aber noch nicht abgeschoben werden können, sollte geregelt werden. …”

Rz. 4

Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 2008/115 bestimmt:

„Diese Richtlinie findet Anwendung auf illegal im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats aufhältige Drittstaatsangehörige.”

Rz. 5

In Art. 3 der Richtlinie heißt es:

„Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnen die Ausdrücke

2. ‚illegaler Aufenthalt’: die Anwesenheit von Drittstaatsangehörigen, die nicht oder nicht mehr die Einreisevoraussetzungen nach Artikel 5 des Schengener Grenzkodex oder andere Voraussetzungen für die Einreise in einen Mitgliedstaat oder den dortigen Aufenthalt erfüllen, i...

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