Bei Starkregen kann mitunter die Regenwasserkanalisation die anfallenden Wassermassen nicht mehr ableiten, weil Baumwurzeln in den Kanal eingewachsen sind und dessen Leistungsfähigkeit stark einschränken. Deshalb kann es zu einem Rückstau im öffentlichen Kanalsystem kommen mit der Folge von Überschwemmungen auf anliegenden Grundstücken. In solchen Fällen können zwar Verkehrssicherungspflichten des Eigentümers eines baumbestandenen Grundstücks wegen der Verwurzelung eines Abwassersystems bestehen. Doch kommt eine Haftung nur unter besonderen Umständen in Betracht.

Umfang der Kontrollpflichten

Nach Auffassung des BGH[1] hängt es von den konkreten Umständen des jeweiligen Einzelfalls ab, ob und in welchem Umfang bzw. mit welcher Kontrolldichte ein Grundstückseigentümer im Rahmen seiner Verkehrssicherungspflicht für einen auf seinem Grundstück stehenden Baum Kontroll- und Überprüfungsmaßnahmen auch in Bezug auf die mögliche Verwurzelung eines Abwasserkanals durchführen muss. Dabei seien zunächst die räumliche Nähe des Baums und seiner Wurzeln zu dem Abwassersystem sowie Art bzw. Gattung, Alter und Wurzelsystem (Flachwurzler, Herzwurzler, Tiefwurzler) des Baums zu berücksichtigen. Dabei müsse der Grundstückseigentümer regelmäßig nicht den Kanal selbst überprüfen, zu dem er zumeist keinen Zugang habe.

Im konkreten Fall hatte allerdings die beklagte Gemeinde und Eigentümerin des baumbestandenen Grundstücks zugleich als Betreiberin des öffentlichen Abwassersystems den unmittelbaren Zugang zum gesamten ober- und unterirdischen von dem Baum ausgehenden Gefahrenbereich gehabt. Soweit im Rahmen ohnehin gebotener Inspektionen des Kanals die Einwurzelungen erkennbar gewesen wären, hätte sie als Grundstückseigentümerin die Pflicht gehabt, diese rechtzeitig zu beseitigen.

Mitverschulden

Eine Haftung wegen einer solchen Verkehrssicherungspflichtverletzung ist nicht dadurch ausgeschlossen, dass die von der Klägerin gegen einen möglichen Rückstau zu treffenden Vorkehrungen unzureichend waren. Es kommt nur eine Kürzung des etwaigen Schadensersatzanspruchs wegen Mitverschuldens der Klägerin gemäß § 254 Abs. 1 BGB in Betracht.[2]

Beseitigungsanspruch

Ist es noch nicht zu einem konkreten Schaden gekommen, kann der durch die Kanalverengung gefährdete Grundstückseigentümer die Beseitigung der Störung in Form der durch Wurzelwachstum bewirkten Verstopfung des Regenwasserkanals aus § 1004 BGB verlangen. Eigentümer, die Beeinträchtigungen dieser Art selbst beseitigt haben, können von dem unterlassungspflichtigen Störer Ersatz der zur Störungsbeseitigung erforderlichen Aufwendungen gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB verlangen.[3]

[3] LG Berlin, Urteil v. 9.7.2018, 28 O 224/17, GE 2018 S. 1151.

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