3.2.1 Abgrenzung zur Amtshaftung

Werden Schadensersatzansprüche im Hinblick auf Fehler bei der Errichtung und Unterhaltung von Gewässern und Hochwasserschutzanlagen geltend gemacht, so sind sie nach den Grundsätzen der Verletzung von Verkehrssicherungspflichten[1] zu beurteilen. Denn die Gewässer- und Deichunterhaltungspflichten werden als Unterfall der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht angesehen.[2] So kann das Land seine Verkehrssicherungspflicht dadurch verletzt haben, dass es einen Entwässerungsgraben entlang der Bundesautobahn nicht ausreichend dimensioniert hat, der deshalb nicht den Anforderungen an einen hinreichenden Überschwemmungsschutz genügt.[3]

3.2.2 Voraussetzungen

Es müssen allerdings die Voraussetzungen des § 823 BGB erfüllt sein. Insbesondere ist eine schuldhafte, für den Schaden ursächliche Pflichtverletzung erforderlich.

 
Praxis-Beispiel

Fehlende Kausalität

An der Kausalität fehlt es etwa, wenn für eine Vernässung von Ackerflächen nicht die (möglicherweise durch Behördenfehler verursachte) Bachüberschwemmung, sondern der marode Zustand der rund 100 Jahre alten Felddrainage ursächlich war.[1]

Auch muss der Geschädigte darlegen und beweisen, dass sein Überschwemmungsschaden durch (infolge eines technischen Fehlers) aufgestautes Bachwasser und nicht lediglich durch Oberflächenwasser infolge Starkregens verursacht worden ist.[2]

Ebenso muss nachgewiesen sein, dass sich die Überflutung eines Flusses auf eine unzureichende Entkrautung oder Beräumung des Gewässers (und nicht auf andere Ursachen wie etwa starke Niederschläge oder Eisstau) zurückführen lässt.[3]

3.2.3 Einzelfälle

Zweckgebundenes Rückhaltebecken

Der Pächter einer Ackerfläche kann nicht mit dem Vorwurf gehört werden, ein Wasserverband hafte für die Überflutung seiner Ackerfläche in Folge Starkregens, wenn der vom Wasserverband unterhaltene und für die Abwehr von Hochwasser eingerichtete Retentionsraum (Wasserrückhaltebecken) nicht zum Schutz der Ackerflächen vorgesehen ist.[1]

Beseitigung von Abflusshindernissen

Die Pflicht zur Unterhaltung eines Wasserlaufs umfasst auch die Beseitigung von Abflusshindernissen.

 
Praxis-Beispiel

Unterlassene Gefahrenbeseitigung

Im konkreten Fall hatte das Straßenbauamt die Zufahrt zu einem Bauernhof durch den Bau einer betonierten Bachüberführung gesichert und dabei vor dem Durchlauf gitterförmig angelegte Stahlstäbe eingebaut, um Schwemmgut aus dem Durchlass fernzuhalten. Weil sich das Gitter mit Schwemmgut zusetzte, kam es in der Folgezeit wiederholt zu Überflutungen, auf die der Landwirt die unterhaltungspflichtige Gemeinde auch aufmerksam machte. Später kam es dann nach wolkenbruchartigen Niederschlägen zu größeren Überschwemmungsschäden auf dem Bauernhof. Das OLG Hamm[2] verurteilte die Gemeinde wegen Verletzung ihrer Unterhaltungspflicht zum Schadensersatz, da sie fahrlässig geeignete Maßnahmen zur Beseitigung der Gefahrenlage unterlassen habe.

[2] OLG Hamm, Urteil v. 4.6.1985, 10 U 26/85, VersR 1987 S. 186, 187; ähnlich auch OLG Hamm, Urteil v. 23.7.2010, 11 U 145/08, BeckRS 2010, 18533; zur Gefahr der Bildung eines Eis- oder Schneepfropfens an einer Bachengstelle vgl. OLG München, Urteil v. 29.3.2012, 1 U 4219/10, BeckRS 2012, 08016.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge