Leitsatz

  • Vorgehen gegen einen Mieter (als Störer) vorteilhaft

    Klage auf Beendigung eines unzulässigen Mietverhältnisses erfasst verfahrensgegenständlich auch entsprechenden Nutzungs-Unterlassungsanspruch (Hinwirken des Gerichts auf sachdienliche Antragsänderung)

    Beschlussbeauftragter Verwalter kann Unterlassungsklage auch in eigenem Namen (als Prozessstandschafter) führen

 

Normenkette

§ 14 Nr. 1 WEG, § 15 Abs. 3 WEG, § 1004 BGB, § 139 ZPO

 

Kommentar

1. Ermächtigt eine Wohnungseigentümergemeinschaft durch Mehrheitsbeschluss den Verwalter zur gerichtlichen Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen gegen einen vermietenden Teileigentümer, klagt der beauftragte Rechtsanwalt jedoch auf Beendigung des entsprechenden Mietverhältnisses, ist Verfahrensgegenstand auch der Unterlassungsanspruch nach § 1004 BGB. Wohnungseigentumsgerichte haben in diesem Fall auf eine sachdienliche Antragsänderung im Sinne des § 139 ZPO hinzuwirken.

Bei Unterlassungsansprüchen kann einem betroffenen Miteigentümer nicht vorgeschrieben werden, auf welche Weise er einen geschuldeten Erfolg (nämlich Unterlassung einer unzulässigen Nutzung) erreicht; erst im Vollstreckungsverfahren wäre zu überprüfen, ob er eine Zuwiderhandlung verschuldet hat, weil er als mittelbarer Störer (Vermieter) nicht alles ihm Mögliche und Zumutbare unternommen hat, um den geschuldeten Erfolg zu erreichen (vgl. BayObLG, WE 94, 278 und BGH, NJW 95, 2036, 2037).

Ein Vermieter kann sich in der Regel auch nicht durch Kündigung aus wichtigem Grund aus einem Mietverhältnis lösen, welches er in Widerspruch zur Teilungserklärung und vereinbarten Nutzungsberechtigung eingegangen ist (BGH, NJW 96, 714). Ein Vorgehen der Gemeinschaft gegen den Vermieter kann sich deshalb als "weitgehend stumpfe Waffe" erweisen, hingegen ein unmittelbares Vorgehen gegen den Mieter als Störer direkt (auf zivilprozessualem Wege) eher zum Erfolg führen.

Im vorliegenden Fall ging es der Antragstellerseite erkennbar um einen allgemeinen Unterlassungsanspruch gegen den vermietenden Eigentümer; gerade im Verfahren der Freiwilligen Gerichtsbarkeit bei erkennbar gleichem Rechtsschutzziel hätte das Gericht auf entsprechende Antragstellung hinwirken müssen. Aus diesem Grund muss das LG nochmals in der Sache entscheiden und diesen bisher nicht gestellten Sachantrag berücksichtigen, sollte er nunmehr auf entsprechenden gerichtlichen Hinweis umformuliert werden. Für diesen Fall sieht sich der Senat zu weiteren, nachfolgenden Hinweisen in der Sache selbst veranlasst.

2. Das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme nach § 14 Nr. 1 WEG erlaubt einem Teileigentümer oder dessen Mieter in Gewerberäumen nur den Betrieb eines ladenmäßigen Erotik-Fachgeschäfts mit Videothek, jedenfalls sofern - wie hier - in der Wohngegend ähnliche Geschäfte und Nachtclubs vorhanden sind, nicht aber die Vorführung von Sexfilmen mit Einzelkabinenbetrieb (Sex- Shop). Diese Auffassung wird - soweit ersichtlich - auch einheitlich in der Literatur vertreten. Wenn das BayObLG (WE 1995, 279 = NJW 95, 467) unter eingeschränkten Bedingungen den Betrieb eines sog. Erotik-Shops, der sich auf den Verkauf von Waren einschließlich Filmen und Zeitschriften beschränkt, für zulässig hält, wenn dieser mit dem Charakter der Wohnanlage und den diesen prägenden örtlichen Verhältnissen vereinbar ist, ergibt sich auch umgekehrt, dass jedenfalls die Vorführung von Sexfilmen im Einzelkabinenbetrieb (hier sogar täglich bis 24 Uhr und auch sonntags) als unzulässig anzusehen ist. Dieser Geschäftsbetrieb geht auch über eine bloße Videothek hinaus (zu dessen Zulässigkeit vgl. BayObLG, WE 94, 247). Der Betrieb eines Sex-Shops mit einem erheblichen Publikumsverkehr bis in die Nachtstunden hinein stellt eine nicht unerhebliche Beeinträchtigung der Mitbewohner des Hauses dar, die auch nicht dadurch entfällt, dass die Räumlichkeiten einen gesonderten Eingang von der Straße her haben.

3. Im vorliegenden Fall wurde von der Gemeinschaft der Mehrheitsbeschluss gefasst: "Es wird der Beschluss gefasst, die Verwalterin zu beauftragen, im Namen der Eigentümergemeinschaft gegen den Miteigentümer (Antragsgegner) die Klage auf Unterlassung des durch die Eröffnung des Sex-Shops (Videoshop mit Filmkabinen) entstandenen Nachteils durch Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts zu erheben."

Dieser Beschluss ermächtigt die Verwaltung zur Geltendmachung des Anspruchs im gerichtlichen Verfahren, obgleich der Beschluss selbst noch nicht konstitutiv die Verpflichtung des Antragsgegners zur Beendigung bzw. Unterlassung der konkreten Nutzung seines Teileigentums festlegt (Senat, NJW-RR 97, 1033); er berechtigt auch die Verwaltung, das Verfahren in Verfahrensstandschaft zu führen, weil ihr insoweit ein Wahlrecht zusteht (Senat, NJW-RR 91, 1363; BayObLG, ZMR 97, 42).

4. Die Sache wurde zu erneuter Verhandlung und Entscheidung an das LG zurückverwiesen, welches auch über die Gerichtskosten III. Instanz zu befinden hat; außergerichtliche Kostenerstattung in III. Instanz wurde nicht angeordnet. In Änderung der bi...

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