Nach § 850a ZPO sind folgende Bezüge unbedingt unpfändbar:

  1. Die Hälfte der Gesamtvergütung für Mehrarbeitsstunden (Überstunden, Überschichten). Zu berücksichtigen ist das gesamte, für die geleistete Mehrarbeit zu zahlende Entgelt – nicht nur der eventuelle Überstundenzuschlag. Mehrarbeitsstundenvergütung fällt bei Tätigkeit über die normale (gewöhnliche) Arbeitszeit hinaus an, wie sie sich aus dem Arbeitsvertrag, einem Tarifvertrag oder der betrieblichen Übung ergibt. Ist die eventuell anfallende Mehrarbeit arbeitsvertraglich mit dem Grundgehalt wirksam abgegolten, besteht kein unpfändbarer Einkommensanteil für Mehrarbeit. Die dem Schuldner verbleibende Hälfte ist als Bruttobetrag auszuzahlen – Steuern und Sozialabgaben sind allein dem übrigen Einkommen zu belasten. Der Arbeitgeber als Drittschuldner hat den Nettobetrag darzulegen, um welchen sich das Arbeitsentgelt durch die Mehrarbeit erhöht hat.[1]
  2. Die für die Urlaubsdauer über das Arbeitseinkommen hinaus gewährten Bezüge. Pfändbar i. S. d. § 850 ZPO ist daher das als Lohnersatzleistung gezahlte Urlaubsentgelt[2] (trotz der Unübertragbarkeit des Urlaubsanspruchs bleibt das Urlaubsentgelt pfändbar, § 851 ZPO greift nicht zugunsten des Schuldners[3]). Unpfändbar ist nur der darüber hinaus freiwillig oder aufgrund spezieller, z. B. tarifvertraglicher Verpflichtung vom Arbeitgeber gezahlte zusätzliche Einkommensteil ("Urlaubsgeld" oder "Urlaubszuschuss"), soweit dieser den Rahmen des Üblichen nicht übersteigt. Die Üblichkeit ist anhand eines Vergleichs der Leistungen in der Branche und/oder anhand der Tarifüblichkeit zu bestimmen. Nicht erfasst werden der Urlaubsabgeltungsanspruch.[4]
  3. Zuwendungen aus Anlass eines besonderen Betriebsereignisses (Jubiläumszuwendungen, nicht aber Erfolgsbeteiligungen oder Abschlussprämien), jedoch aufgrund § 850a Nr. 2 ZPO ebenfalls nur im Rahmen des Üblichen.
  4. Treuegelder (Zuwendungen des Arbeitgebers anlässlich von Dienst- oder Arbeitsjubiläen des Beschäftigten) im Rahmen des Üblichen.
  5. Aufwandsentschädigungen: dazu zählen insbesondere Reisekostenerstattungen und Reisespesen, Tage- und Übernachtungsgelder, Trennungsentschädigung, Umzugskostenerstattung, die Aufwendungen für die dienstliche Nutzung eines Privatfahrzeugs etc. Stets müssen die Erstattungsansprüche getrennt vom sonstigen Entgelt geregelt sein, ausreichend ist aber die Vereinbarung eines Pauschalbetrags. Hier hat der Arbeitnehmer freiwillige Vermögensopfer erbracht, die ausschließlich im Interesse seines Arbeitgebers liegen und ansonsten von diesem unmittelbar zu tragen wären.
  6. Auslösungsgelder und sonstige soziale Zulagen für auswärtige Beschäftigungen, das Entgelt für selbst gestelltes Arbeitsmaterial, Gefahrenzulagen sowie Schmutz- und Erschwerniszulagen, soweit diese Bezüge den Rahmen des Üblichen nicht übersteigen. Auch diese Zulagen müssen in der Lohnabrechnung gesondert ausgewiesen sein.
  7. Weihnachtsvergütungen bis zur Hälfte des jeweiligen monatlichen Grundfreibetrags nach § 850c Abs. 1, 4 ZPO auf den nächsten vollen 10 EUR Betrag gerundet.[5] Das Gesetz fordert nach h. M. eine Zweckbindung an das Weihnachtsfest, daher zählen ein 13. Monatsgehalt, eine Jahrestantieme sowie eine Mai-Gratifikation nicht dazu.
  8. Heirats- und Geburtsbeihilfen, wenn die Vollstreckung wegen anderer als der anlässlich der Heirat oder Geburt entstandenen Ansprüche betrieben wird.
  9. Erziehungsgelder, Studienbeihilfen und ähnliche Bezüge. Der Vergütungsanspruch eines Auszubildenden (Lehrlingsvergütung, Ausbildungsbeihilfe) zählt zum Arbeitseinkommen und kann in voller Höhe gepfändet werden.
  10. Sterbe- und Gnadenbezüge aus Arbeits- oder Dienstverhältnissen.
  11. Blindenzulagen.
 
Hinweis

Zuschläge – Meinungsstreit bei Nacht-, Sonn- und Feiertagszuschlägen durch BAG entschieden

Die Behandlung von Zuschlägen für Nacht- oder Schichtarbeit sowie Zuschläge für die Arbeit an Sonn- und Feiertagen war früher umstritten. Teilweise wurde davon ausgegangen, dass sich die Unpfändbarkeit nach § 850a Nr. 3 ZPO nur auf die besonderen Belastungen der Arbeitsart, nicht jedoch der Arbeitszeit(lage) bezieht, weswegen die genannten Zuschläge pfändbar seien.[6] Dagegen sah die neuere unterinstanzliche Rechtsprechung[7] in der Arbeit zu ungünstigen Zeiten wie bei Nacht-, Sonntags- und Feiertagsarbeit einen außergewöhnlichen und damit besonderen Arbeitseinsatz im Sinne einer "Erschwernis" gemäß § 850a Nr. 3 ZPO, der nach dem Sinn und Zweck des Pfändungsschutzes bis zur Grenze des "Üblichen" pfändungsrechtlich zu schützen ist. Für die Grenze des Üblichen kann dabei an § 3b EStG angeknüpft werden. Dies hat das BAG nun höchstrichterlich bestätigt und somit einen jahrelangen Streit entschieden: Zulagen für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit sind Erschwerniszulagen i. S. v. § 850a Nr. 3 ZPO und damit im Rahmen des Üblichen unpfändbar.[8] Zulagen für Schicht-, Samstags- und Vorfestarbeit sind hingegen laut BAG pfändbar.[9]

Lange war umstritten, ob die Corona-Sonderzahlung pfändbar ist. Zumindest das Arbeitsgericht Bautzen erkannte h...

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