Leitsatz

Trifft die Wohnungseigentümer ausnahmsweise eine Mitwirkungspflicht, ihr Stimmrecht dergestalt auszuüben, dass die erforderlichen Maßnahmen der Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums beschlossen werden, haften sie bei deren Verletzung nach § 280 Abs. 1 BGB. Die pflichtwidrig handelnden Wohnungseigentümer haften als Gesamtschuldner.

 

Normenkette

WEG § 21 Abs. 4

 

Das Problem

  1. Ende des Jahres 2010 beantragt K, dass die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zur Feststellung der Ursachen der Feuchtigkeitsschäden unverzüglich einen Sachverständigen beauftragen sollen, der bei Vorliegen von Mängeln des gemeinschaftlichen Eigentums die notwendigen Maßnahmen zu deren Beseitigung ermitteln, die Arbeiten ausschreiben und einen Preisspiegel erstellen soll. Bei einer weiteren Versammlung soll dann die Durchführung der notwendigen Maßnahmen beschlossen werden. Der entsprechende Beschlussantrag wird mehrheitlich abgelehnt. Hiergegen wendet sich K mit einer Anfechtungsklage. Hilfsweise erhebt er eine Beschlussersetzungsklage. Außerdem leitet K im Dezember 2010 ein selbstständiges Beweisverfahren ein. In diesem Verfahren tritt der Wohnungseigentümer RA, der auch Verwaltungsbeirat und Belegprüfer ist, als bevollmächtigter Rechtsanwalt für die übrigen Wohnungseigentümer auf. In dem im Beweisverfahren eingeholten Sachverständigengutachten vom 7. Dezember 2011 wird ausgeführt, die Durchfeuchtung und Schimmelbildung habe ihre (Mit-)Ursache im Fehlen einer funktionsfähigen Abdichtung gegen Feuchtigkeit aus dem Baugrund. Ein schlechtes Lüftungsverhalten könne ein Übriges dazu beigetragen haben; der Schimmelbefall sei aber im Wesentlichen nicht darauf zurückzuführen.
  2. Auf einer Versammlung im Mai 2012 vertagen die Wohnungseigentümer K's Antrag bis zur nächsten ordentlichen Versammlung. Dagegen geht K nicht vor. Im August 2012 weist das Amtsgericht K's Anfechtungsklage und seine Beschlussersetzungsklage ab. Hiergegen legt K Berufung ein.
  3. Am 3. September 2012 fordert K den Verwalter auf, eine ordentliche oder außerordentliche Versammlung einzuberufen, um über Instandsetzungsmaßnahmen zu beschließen. Auf der Tagesordnung der Versammlung am 1. Oktober 2012 findet sich dieser Punkt nicht. In der Niederschrift der Versammlung ist ausgeführt, dass die Wohnungseigentümer über den Verfahrensstand in Bezug auf die von K erhobene Klage informiert worden seien. In einer Versammlung vom 4. Juli 2013 wird K's Antrag auf Beseitigung der Schäden erneut vertagt.
  4. Im September 2013 gibt das Landgericht der Berufung statt. Es erklärt den Negativbeschluss für ungültig und spricht aus, dass die Beseitigung der Mängel des gemeinschaftlichen Eigentums beschlossen ist. Ferner verpflichtet es die beklagten Wohnungseigentümer, den Abschluss der hierfür erforderlichen Verträge mit Dritten zu beschließen. In einer Versammlung im Dezember 2013 beschließen die Wohnungseigentümer daraufhin, den Auftrag für die komplette Objektplanung/Objektsanierung der Wohnung des K unter der Voraussetzung der Vereinbarung einer Pauschalsumme von max. 7.000 EUR an ein näher bezeichnetes Unternehmen zu vergeben.
  5. K nimmt jetzt den Verwalter und die anderen Wohnungseigentümer auf Zahlung von Schadensersatz – Mietausfall – wegen verzögerter Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums in Anspruch. Zudem begehrt er die Feststellung, die Beklagten hätten ihm sämtliche weitere Schäden zu ersetzen, die auf der verzögerten Beschlussfassung über Beseitigungsmaßnahmen bzw. auf der unzureichenden Vorbereitung der Versammlungen beruhten. Das Amtsgericht weist die Klage ab. Auf die Berufung gibt ihr das Landgericht hingegen teilweise statt. Für bestimmte Zeiträume verurteilt es den Verwalter, Wohnungseigentümer RA und die anderen Wohnungseigentümer. Außerdem trifft es die begehrte Feststellung.
  6. Mit Revision verfolgt K seine Ansprüche weiter, soweit diese abgewiesen worden sind. RA und einige Wohnungseigentümer legen Anschlussrevision ein.
 

Die Entscheidung

Die Revision hat Erfolg! Die Anschlussrevision hat ebenfalls teilweise Erfolg!

Die Revision des K

  1. Zu Recht habe das Landgericht ein pflichtwidriges Abstimmungsverhalten der beklagten Wohnungseigentümer angenommen. Zwar seien Wohnungseigentümer im Grundsatz weder zur Teilnahme an der Versammlung noch zur Mitwirkung an der Willensbildung verpflichtet. Auch könnten sie selbst zwingend gebotene und unaufschiebbare Maßnahmen in den Grenzen von § 903 BGB unterlassen, solange und soweit sie hierüber einig seien. Anders liege es aber jedenfalls dann, wenn nur die sofortige Vornahme einer bestimmten Maßnahme ordnungsmäßiger Verwaltung entspreche und dies von einem Wohnungseigentümer gemäß § 21 Abs. 4 WEG verlangt werde, der andernfalls Schäden an seinem Sondereigentum erleide; hier ergebe sich eine Mitwirkungspflicht der übrigen Wohnungseigentümer schon aus der gegenseitigen Treuepflicht. Von einem Anspruch des auf Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums und in diesem Rahmen auch einem Anspruch auf Einholung eines Sachverständigengu...

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