Es ist möglich, dass Mandanten – auch in den nicht vorgesehenen bzw. nicht erlaubten Fällen – versuchen werden, von den Bestimmungen Gebrauch zu machen und den Anwalt um eine Vergütungsvereinbarung mit Erfolgshonorar bitten.

Es gibt keine Statistik über die Anzahl von Erfolgsvergütungsvereinbarungen. Laut einem Bericht von einer Rechtsanwältin im AnwBl 2012 S. 562 ff. nutzen Anwälte die Möglichkeit wohl selten.[1]

Die Anzahl der veröffentlichten relativ wenigen Rechtsstreitigkeiten seit 2008 besagt nichts über die Menge der in Kanzleien abgeschlossenen zulässigen Erfolgsvergütungsvereinbarungen und die anschließenden eingetretenen Erfolge. Ein Blick auf die Internet-Auftritte von Rechtsanwaltskanzleien zeigt, dass auch nur sehr vereinzelt mit dem "Erfolgshonorar geworben" wird. Einige Anwälte bieten Erfolgshonorare für Klagen erst ab größeren Forderungen (z. B. ab 100,000 EUR) an, und verlangen vorab eine vom Erfolg unabhängige Vergütung für die erste grobe Prüfung der Sach- und Rechtslage (zur Einschätzung der Erfolgsaussichten).

Lt. BRAK (Newsletter 1/2021) war ein Großteil der Anwaltschaft gegen das "Gesetz zur Förderung verbrauchergerechter Angebote im Rechtsdienstleistungsmarkt". "Ein auf dem Erfolgshonorar basierendes Vergütungssystem macht den Rechtsanwalt zum Investor des Mandats und damit gleichsam zur Partei", heißt es in der BRAK-Stellungnahme. Er sei damit nicht mehr das"unabhängige Organ der Rechtspflege".[2]

[1] Siehe auch das Meinungsbild der Anwaltschaft zum Erfolgshonorar, BRAK-Mitteilungen 2009 S. 4 ff.
[2] Anger, Handelsblatt v. 29.11.2020.

3.1 Fälle und Mandate u.U. neu aufrollen

 
Hinweis

Prüfung von Altfällen

Anwälte sollten u.U. prüfen, in welchen (noch nicht verjährten) Fällen sie in den letzten Jahren Mandanten von einer Prozessführung Abstand genommen haben, weil sie entweder keine Prozesskostenhilfe bekommen haben oder eine Rechtsschutzversicherung nicht abgeschlossen hatten bzw. Letztere keine Deckungszusage erteilt haben. Diese Mandanten sollte er zur Vermeidung von Haftungsansprüchen anschreiben und auf die u.U. Möglichkeiten aufgrund des geänderten RVG aufmerksam machen.

Entsprechendes gilt für Mandanten, die das Prozessrisiko an sich für zu hoch beurteilt haben oder denen der Anwalt vernünftigerweise von einem Prozess abgeraten hatte. Andererseits gilt es in den Kanzleien zu klären, welche Bereiche und Fälle sich für Erfolgshonorare gem. § 4a RVG eignen bzw. wie ein Erfolgshonorar kalkuliert werden muss, damit es einerseits tatsächlich ein "echtes" Erfolgshonorar ist, andererseits auch nicht als unangemessen hoch angesehen werden könnte.[1]

[1] Schnee-Gronauer, Erfolgshonorare aus betriebswirtschaftlicher Sicht: Wie kalkulieren?, AnwBl Online 2021 S. 242.

3.2 Notwendige Änderungen bei Formularen und Vollmachtvordrucken

Es ist die genaue Durchsicht und u. U. Überarbeitung bestehender "normaler" Vergütungsvereinbarungsvordrucke bzw. Textbausteinen zwingend, da gem. § 3a RVG jede Vergütungsvereinbarung – außer in den Fällen des § 34 RVG – den Hinweis enthalten muss, dass die gegnerische Partei, ein Verfahrensbeteiligter oder die Staatskasse im Fall der Kostenerstattung regelmäßig nicht mehr als die gesetzliche Gebühr erstatten muss. Zwar steht dieser Hinweis häufig in der Vollmacht. Dies reicht aber nicht aus beim Abschluss von Vergütungsvereinbarungen (s. auch Tz. 4).

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