Weitere Voraussetzungen für die Gewährung der Begünstigung nach § 13a ErbStG (Verschonungsabschlag und Abzugsbetrag) ist die sogenannte Fortführungs- oder Verhaftungsklausel (§ 13a Abs. 5 ErbStG). Hintergrund dieser Regelung ist, dass der Erwerber den begünstigt übertragenen Betrieb nicht innerhalb der siebenjährigen Behaltensfrist veräußern oder aufgeben soll. Rechtsfolge eines Verstoßes gegen die Fortführungsklausel ist, dass der Abzugsbetrag nachträglich vollständig entfällt (Fallbeileffekt § 13a Abs. 5 Satz 1 ErbStG[1]).
Hinsichtlich des Verschonungsabschlags ist aber bei einem Verstoß kein Fallbeileffekt mehr gegeben, vielmehr kommt eine Abschmelzungsregelung zum Tragen (§ 13a Abs. 5 Satz 2 ErbStG), wonach sich der Verschonungsabschlag – abgesehen von Fällen der Überentnahme gem. § 13b Abs. 5 Nr. 3 ErbStG – auf den Teil beschränkt, der sich aus dem Verhältnis der im Zeitpunkt der schädlichen Verfügung verbleibenden Behaltensfrist einschließlich des Jahres, in dem die Verfügung erfolgt, zur gesamten Behaltensfrist ergibt. Dies bedeutete, dass bei einer Veräußerung im dritten Jahr nach der Übertragung der Verschonungsabschlag (von 85 Prozent) um 5/7 gekürzt wird, bzw. umgekehrt ausgedrückt mit Ablauf jeden Jahres nach der unentgeltlichen Übertragung wird 1/7 des Verschonungsabschlags endgültig gewährt, selbst wenn später, bspw. im letzten Jahr der Behaltensfrist, eine schädliche Veräußerung stattfindet.
Mit der Verkürzung der Behaltensfrist von im Gesetzentwurf noch vorgesehenen 15 Jahren auf sieben Jahre sowie der Nichtanwendung des Fallbeileffekts beim Verschonungsabschlag und dem Umstellen auf das Abschmelzungsmodell bezogen auf den Verschonungsabschlag hat der Gesetzgeber nunmehr eine Regelung gefunden, die im Vergleich zu den ursprünglichen Gesetzentwürfen für den Steuerpflichtigen deutlich akzeptabler ist.
Vater V überträgt sein Einzelunternehmen zum 1.1.2009 auf seinen Sohn S. Der Wert des Unternehmens beträgt 1 Mio. EUR. 2011 veräußert S das Unternehmen.
Lösung: | |
Besteuerung bei Übertragung | |
Begünstigtes Betriebsvermögen | 1.000.000 EUR |
– Verschonungsabschlag 85 Prozent | 850.000 EUR |
Verbleiben | 150.000 EUR |
– Abzugsbetrag | 150.000 EUR |
Verbleiben | 0 EUR |
Steuer: | 0 EUR |
Besteuerung nach Veräußerung | |
Begünstigtes Betriebsvermögen | 1.000.000 EUR |
– gekürzter Verschonungsabschlag 2/7 (§ 13b Abs. 5 Satz 2 ErbStG) × 85 % = 24,28 % |
242.800 EUR |
Verbleiben | 757.200 EUR |
Abzugsbetrag 0 (§ 13b Abs. 5 Satz 1 ErbStG) | 0 EUR |
– persönlicher Freibetrag | 400.000 EUR |
Verbleiben | 357.200 EUR |
Steuer (Steuerklasse I, 15 %) | 53.580 EUR |
– ursprüngliche Steuer | 0 EUR |
Nachzahlungsbetrag | 53.580 EUR |
Ungeregelt im Gesetz ist der Fall, dass gleichzeitig ein Verstoß gegen die Behaltensregelung und ein Verstoß gegen die Beschäftigungsklausel vorliegen. Hier stellt sich die Frage, ob ein Rangverhältnis der Verstoßnormen zueinander gegeben ist, oder beide nebeneinander anzuwenden sind, bzw. auf welche Weise. Der auf den ersten Blick naheliegende Lösungsansatz besteht darin, dass der Verstoß gegen die Behaltensregelung Vorrang vor dem Verstoß gegen die Beschäftigungsklausel hat, da die Beschäftigungsklausel lediglich nach Ablauf des Siebenjahreszeitraum zu überprüfen ist, dieser aber infolge des Verstoßes gegen die Behaltensregelung (z. B. Verkauf) nicht mehr erreicht wird. Folge hiervon wäre allerdings, dass in dem Fall, dass bereits anfangs gegen die Beschäftigungsklausel eklatant verstoßen wird, die Möglichkeit besteht, beispielsweise im siebten Jahr, also kurz vor Ablauf der Behaltensfrist den Betrieb zu veräußern und damit lediglich mit einer Kürzung des Verschonungsabschlags um 1/7 sanktioniert zu werden, auch wenn das Nichterreichen der erforderlichen Mindestlohnsumme eine deutliche höhere Sanktion (Kürzung des Verschonungsabschlags) nach sich zöge.
Da allerdings ein Rangverhältnis der verschiedenen Verstoßarten dem Gesetzestext nicht zu entnehmen ist und die vorgehend beschriebene Manipulationsmöglichkeit dem Sinn und Zweck der Regelung nicht entspricht, wird man dieser Gesetzesinterpretation kaum folgen können.
Als weitere Möglichkeit bleibt daher nur, dass sich der doppelte Verstoß auch in einer doppelten Kürzung des Verschonungsabschlags widerspiegeln muss. Aber auch hier bestehen zwei denkbare Möglichkeiten. So ist denkbar, dass die Kürzungen jeweils vom Ursprungsbetrag (85 Prozent) berechnet werden. Dies würde dann allerdings verkennen, dass nach dem (zeitlich vorgelagerten) Verstoß gegen die Behaltensfrist lediglich ein verkürzter Verschonungsabschlag verbleibt. Es ist daher davon auszugehen, dass sich die Reduktion des Verschonungsabschlags bzgl. des Verstoßes gegen die Beschäftigungsklausel unter Heranziehung des bereits infolge des Verstoßes gegen die Behaltensfrist verminderten Verschonungsabschlags ermittelt.[2]
Die einzelnen Voraussetzungen für den (teilweisen) Wegfall der Begünstigung entsprechen weitgehend denjenigen des bisherigen § 13a Abs. 5 ErbStG a. F.
Steuerschädlich sind:
- Die Veräußerung des begüns...
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