Überblick

Ein Kernstück der Erbschafsteuerreform 2009[1] war die völlige Neugestaltung der Vergünstigungen für Betriebsvermögen. Seit dem 1.1.2009 hat der Erwerber grundsätzlich die Möglichkeit, zwischen 2 Verschonungsmaßnahmen zu wählen. Zum einen kann er sich unter bestimmten Voraussetzungen für einen 85 %igen Verschonungsabschlag entscheiden. Hier erfolgt dann eine 15 %ige Besteuerung, wobei bei dieser noch ein Abzugsbetrag von 150.000 EUR und bei Personen der Steuerklassen II und III ein Entlastungsbetrag zur Anwendung kommen.

Alternativ kann sich der Erwerber auch für einen 100 %igen Verschonungsabschlag entscheiden. Hier gelten dann aber verschärfte Voraussetzungen.

In den Erbschaftsteuerrichtlinien 2011[2] prägt die Verwaltung den Begriff "Regelverschonung" für die o. g. Steuerbefreiung i. H. v. 85 %. Der Verschonungsabschlag von 100 % wird als "Optionsverschonung" bezeichnet.

Der BFH hält die Vergünstigungen für Betriebsvermögen in der im Jahr 2009 geltenden Fassung wegen Verstoßes gegen den allgemeinen Gleichheitssatz für verfassungswidrig. Er hat dazu eine Entscheidung des BVerfG eingeholt.[3]

Mit dem Wachstumsbeschleunigungsgesetz[4] wurden für Erwerbe ab 1.1.2010 die Steuersätze für die Steuerklasse II abgesenkt.

Darüber hinaus wurden auch die Behaltensfristen von 7 Jahre auf 5 Jahre und von 10 Jahre auf 7 Jahre abgesenkt.

Aufgrund des Jahressteuergesetzes 2010[5] ergeben sich ebenfalls Auswirkungen, insbesondere betrifft dies die Einordnung der eingetragenen Lebenspartner in die Steuerklasse I, wodurch sich insbesondere der Steuersatz ändert. Dies hat wiederum Auswirkungen auf die Tarifbegrenzung des § 13a ErbStG.

Ferner wurden Änderungen bei der Lohnsumme vorgenommen. Wirkung zeigt das auch für Erwerbe vor dem 1.1.2010.

Eine weitere Änderung in Sachen Lohnsumme enthält das Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz. Ebenfalls mit dem Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz hat der Gesetzgeber das Verwaltungsvermögen neu abgegrenzt und Finanzmittel mit einbezogen (Bekämpfung der Cash-GmbH). Beide Änderungen greifen für Erwerbe, bei denen die Steuer nach dem 6.6.2013 entsteht.

Wichtig:

Das Bundesverfassungsgericht hat am 17.12.2014 entschieden, dass einige der Regelungen des Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes 2009 im Zusammenhang mit dem Erwerb von Betriebsvermögen nicht verfassungskonform sind (BVerfG, Urteil v. 17.12.2014, 1 BvL 21/12, BFH/NV 2015 S. 301, BStBl 2015 II S. 50). Das Gericht sieht nur punktuellen Anpassungsbedarf und hatte dem Gesetzgeber eine Frist zur Umsetzung bis zum 30.06.2016 gegeben.

Im Einzelnen wurden folgende Regelungen beanstandet:

Mehr als 3 Monate nach Ablauf der vom BVerfG gesetzten Frist zur Neufassung des Erbschaftsteuerrechts stimmte Mitte Oktober sowohl der Bundestag auch der Bundesrat mehrheitlich der Erbschaftsteuerreform 2016 zu. Die Neuregelungen sind in Kraft getreten und rückwirkend für alle Erwerbe nach dem 30.6.2016, d. h. ab dem 1.7.2016 anzuwenden. Einzelheiten zu den beschlossenen Änderungen lesen Sie in unserem Beitrag Erbschaftsteuerreform 2016.

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

Die gesetzlichen Regelungen für die Begünstigungen von Betriebsvermögen finden sich in § 13a ErbStG, § 13b ErbStG und § 19a ErbStG. Die entsprechenden Verwaltungsanweisungen sind in den Erbschaftsteuerrichtlinien 2011 enthalten. Für Altfälle (bis 2008) sind die in R 51 bis R 39 ErbStR 2003 sowie in R 76 bis 81 ErbStR 2003 niederlegten Verwaltungsanweisungen zu beachten.[6]

Das Bundesverfassungsgericht hat am 17.12.2014[7] entschieden, dass das Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes in Teilen verfassungswidrig ist. Die entsprechende Umsetzung durch den Gesetzgeber wird im Jahr 2016 erfolgen.

Zu beachten ist die Anweisung der Finanzverwaltung[8], wonach verbindliche Auskünfte zu Anträgen in Bezug auf die derzeitigen Verschonungsregelungen nach §§ 13a und 13b ErbStG bis auf weiteres abgelehnt werden. Zu den Änderungen durch die Erbschaftsteuerreform hat die Finanzverwaltung im Vorgriff auf die Erbschaftsteuerrichtlinien und Erbschaftsteuerhinweisen einen umfangreichen koordinierten Ländererlass v. 22.6.2017[9]

herausgegeben, der auch Auswirkungen auf die Rechtslage vor dem 1.7.2016 hat. Das Bundesland Bayern trägt den Koordinierten Ländererlass nicht mit.[10]

Hinzuweisen sei hier auch auf die Erbschaftsteuerrichtlinien 2019. Diese sind auf alle Erwerbsfälle anzuwenden, für die die Steuer nach dem 21.8.2019 entsteht. Ferner gelten sie auch für Erwerbsfälle, für die die Steuer vor dem 22.8.2019 entstanden ist, soweit sie geänderte Vorschriften des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes und des Bewertungsgesetzes betreffen, die vor dem 1.5.2019 anzuwenden sind. Bisher ergangene Anweisungen, die mit diesen Richtlinien im Widerspruch stehen, si...

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