18.1 Allgemeines

Durch die Erbschaftsteuerreform wurde § 35b EStG in das Einkommensteuergesetz eingefügt. Dieser sieht eine Steuerermäßigung für den Fall vor, dass bei der Ermittlung des Einkommens Einkünfte[1] berücksichtigt worden sind, die im Veranlagungszeitraum oder in den vorangegangenen 4 Veranlagungszeiträumen als Erwerb von Todes wegen der Erbschaftsteuer unterlegen haben. Dabei wird die um sonstige Steuerermäßigungen gekürzte tarifliche Einkommensteuer, die auf diese obigen Einkünfte entfällt, um einen bestimmten Prozentsatz ermäßigt.

[1] Das Tatbestandsmerkmal Einkünfte ist hier unzutreffend formuliert; denn der Erbschaftsteuer unterliegen keine Einkünfte, sondern die Bereicherung des Erwerbers, die aus Vermögensgegenständen besteht.

18.2 Anwendungsfälle

Bei Schenkungen gilt § 35b EStG nicht. Das Finanzgericht Düsseldorf hat hierzu entschieden, dass Schenkungen und Übertragungen im Wege der vorweggenommenen Erbfolge auch dann nicht durch die Steuerermäßigung nach § 35b EStG begünstigt sind, wenn sie als Vorerwerbe im Rahmen der Zusammenrechnung nach § 14 ErbStG bei der Erbschaftsbesteuerung zu berücksichtigen sind.[1] Die Revision des Klägers wurde vom Bundesfinanzhof zurückgewiesen.[2]

Demnach ermittelt sich beim Zusammentreffen von Erwerben von Todes wegen und Vorerwerben der Ermäßigungsprozentsatz des § 35b Satz 2 EStG durch Gegenüberstellung der anteiligen, auf die von Todes wegen erworbenen Vermögensteile entfallenden Erbschaftsteuer und des Betrags, der sich ergibt, wenn dem anteiligen steuerpflichtigen Erwerb (§ 10 Abs. 1 ErbStG) der anteilige Freibetrag nach § 16 ErbStG hinzugerechnet wird.

18.3 Ermittlung der Ermäßigung

Der Prozentsatz ermittelt sich nach dem Verhältnis, in dem die festgesetzte Erbschaftsteuer zu dem Betrag steht, der sich ergibt, wenn dem steuerpflichtigen Erwerb die Freibeträge nach § 16 ErbStG, § 17 ErbStG und der steuerfreie Betrag nach § 5 ErbStG hinzugerechnet werden.

Zur Berechnung der Steuerermäßigung müssen zunächst zwei Maßgrößen ermittelt werden:

a) zum einen die anteilig auf die nach § 35b Satz 1 EStG begünstigten Einkünfte entfallende Einkommensteuer

und

b) zum anderen der Ermäßigungsprozentsatz gemäß § 35b Satz 2 EStG.

Anschließend ist der Betrag nach § 35b Satz 1 EStG mit dem Ermäßigungsprozentsatz zu multiplizieren und ergibt damit den Betrag der Steuerermäßigung.[1]

18.4 Antragstellung

Voraussetzung für die Ermäßigung ist ein Antrag, sie erfolgt also nicht von Amts wegen. Es genügt für den Antrag, dass die entsprechende Zeile der Einkommensteuererklärung ausgefüllt wurde.

18.5 Ergänzende Hinweise

Mit der Regelung des § 35b EStG will der Gesetzgeber die Doppelbesteuerung von Erbschaftsteuer mit Einkommensteuer verringern.

Dies kann immer dann der Fall sein, wenn beim Erben Einkünfte tatsächlich mit Einkommensteuer belastet werden, welche zuvor als Vermögen bereits der Erbschaftsteuer unterlagen.

Kann die Erbschaftsteuer nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG abgezogen werden, findet die Regelung des § 35b EStG keine Anwendung (§ 35b Satz 3 EStG). Diese Anordnung ist ab 2015 gestrichen worden.

Es muss eine Erbschaftsteuer festgesetzt worden sein. Nicht notwendig ist es, dass die Festsetzung bestandskräftig ist, noch dass eine Zahlung von Erbschaftsteuer erfolgt ist.[1]

Die nach § 35b Satz 1 EStG begünstigten Einkünfte müssen aus der Veräußerung eines Vermögensgegenstandes herrühren, der sowohl von Todes wegen erworben worden ist als auch tatsächlich der Erbschaftsteuer unterlegen hat.

Nicht nach § 35b Satz 1 EStG begünstigt sind dagegen solche Einkünfte, die sich aus (der Veräußerung von) Vermögensgegenständen ergeben, die einer Vorbelastung mit Schenkungsteuer unterlegen haben. Zwar kann es auch insoweit zu einer Doppelbelastung mit Erbschaftsteuer und Einkommensteuer kommen. Der Wortlaut der Vorschrift ist insofern aber eindeutig. Durchgreifende verfassungsrechtliche Bedenken bestehen nach Auffassung des Bundesfinanzhofs dagegen nicht.[2]

[1] Kulosa, in Schmidt, EStG, 2017, § 35b EStG Rz. 3.

18.6 Zeitliche Anwendung

§ 35b EStG ist nach § 52 Abs. 52c EStG erstmals für den Veranlagungszeitraum 2009 anzuwenden, wenn der Erbfall nach dem 31.12.2008 eingetreten ist. Dies bedeutet, dass diese Vorschrift nur für Erbfälle gilt, welche dem ab 2009 geltenden Erbschaftsteuerrecht unterliegen.

18.7 Persönliche Anwendung

Die Vorschrift findet nur für natürliche Personen Anwendung.[1]

[1] Kulosa in Schmidt, EStG, 2017, § 35b EStG Rz. 3.

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