Nach § 10 Abs. 6 Satz 4 ErbStG sind Schulden und Lasten, welche mit nach § 13a ErbStG befreitem Vermögen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, nur mit dem Betrag abzugsfähig, der dem Verhältnis des nach Anwendung des § 13a ErbStG anzusetzenden Werts dieses Vermögen zu dem Wert vor Anwendung des § 13a ErbStG entspricht.

Dies gilt aber nicht für die Schulden, welche schon bei der Bewertung der wirtschaftlichen Einheit zu berücksichtigen sind (§ 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG und R E 10.10 Abs. 4 Satz 2 ErbStR 2011). Unter diese Regelung fallen Schulden, welche mit dem land- und forstwirtschaftlichen Vermögen und mit Anteilen an Kapitalgesellschaften in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen.

Ein wirtschaftlicher Zusammenhang von Schulden bzw. Lasten mit dem vorgenannten Vermögen setzt dabei voraus, dass die Entstehung der Schuld ursächlich und unmittelbar auf Vorgängen beruht, die diesen Vermögensgegenstand betreffen und die Schuld den Vermögensgegenstand wirtschaftlich belastet.

Im Fall des § 13a Abs. 3 ErbStG und § 13b Abs. 3 ErbStG ist beim Erwerber, dem die entsprechende Steuerbefreiung nicht gewährt wird, keine Kürzung des Abzugs von Schulden und Lasten vorzunehmen.[1] Die Höhe der abzugsfähigen Schulden hängt davon ab, ob der Erwerber sich für die Regelverschonung oder die Optionsverschonung entschieden hat.

a) Abzugsfähigkeit von Schulden bei der Regelverschonung

Bei der Regelverschonung kommt die teilweise Schuldenkappung des § 13a Abs. 5 Satz 4 ErbStG zur Anwendung.

 
Praxis-Beispiel

Schuldenkappung

Großvater GV vererbt im Januar 2016 seiner Enkelin EN einen 50 %igen Anteil an einer Kapitalgesellschaft (Ertragswert 2.600.000 EUR). Gleichzeitig gehen auch Schulden i. H. v. 150.000 EUR über, welche mit dem Anteil an der Kapitalgesellschaft in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen. Das Verwaltungsvermögen der Kapitalgesellschaft beträgt 45 %.

Lösung

Die Beteiligung ist begünstigtes Betriebsvermögen, da diese mehr als 25 % beträgt (§ 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG). Aus diesem Grund stehen EN die Begünstigungen des § 13a ErbStG zu. EN kann aufgrund der Höhe des Verwaltungsvermögens nur den 85 %igen Verschonungsabschlag nach § 13a Abs. 1 ErbStG in Anspruch nehmen.

Zunächst ist das Betriebsvermögen unter Berücksichtigung des Verschonungsabschlags zu errechnen (§ 13a Abs. 1 ErbStG i. V. m. § 13b Abs. 4 ErbStG).

 
Nach § 13b Abs. 1 ErbStG begünstigtes Betriebsvermögen 2.600.000 EUR
./. 85 %iger Verschonungsabschlag ./. 2.210.000 EUR
Verbleibendes begünstigtes Betriebsvermögen 390.000 EUR
Nunmehr ist der Abzugsbetrag nach § 13a Abs. 2 ErbStG zu ermitteln:  
Abzugsbetrag nach § 13a Abs. 2 ErbStG   150.000 EUR  
Verbleibendes begünstigtes Betriebsvermögen 390.000 EUR   390.000 EUR
./. Abzugsbetrag ./. 150.000 EUR    
Übersteigender Betrag 240.000 EUR    
Hiervon 50 % (abgerundeter Wert) 120.000 EUR ./. 120.000 EUR  
Verbleibender Abzugsbetrag   30.000 EUR ./. 30.000 EUR
Begünstigtes Betriebsvermögen nach Abzugsbetrag     360.000 EUR

Der Schuldenabzug ergibt sich wie folgt:

Betriebsvermögen nach Anwendung des § 13a Abs. 1 und 2 ErbStG 360.000 EUR / begünstigtes Betriebsvermögen 2.600.000 EUR = 13,85 %

Die Schulden sind nur in Höhe des steuerpflichtigen Anteils des Betriebsvermögens von 13,85 % abziehbar; dies sind hier 20.775 EUR (13,85 % von 150.000 EUR).

Es ergibt sich nun die weitere Berechnung der Erbschaftsteuer:
Verbleibendes begünstigtes Betriebsvermögen     360.000 EUR
./. gekürzte Schulden (s. vorstehend)     ./. 20.775 EUR
./. Beerdigungskostenpauschale (§ 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG)     ./. 10.300 EUR
./. Freibetrag (§ 16 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG)     ./. 200.000 EUR
Steuerpflichtiger Erwerb (nach Abrundung)     128.900 EUR
Erbschaftsteuer EN (Steuersatz 11 %, § 19 Abs. 1 ErbStG)     14.179 EUR

b) Abzugsfähigkeit von Schulden bei der Optionsverschonung

Beantragt der Erwerber die völlige Steuerfreistellung nach § 13a Abs. 8 ErbStG, sind die Schulden in voller Höhe nicht abziehbar (R E 10.10 Abs. 4 Satz 4 ErbStR 2011).

 
Praxis-Beispiel

Abzug der Schulden bei Optionsverschonung

Großvater GV vererbt seiner Enkelin EN im Oktober 2015 einen 50 %igen Anteil an einer Kapitalgesellschaft (Ertragswert 650.000 EUR) und ein unbebautes Grundstück (gemeiner Wert 450.000 EUR). Gleichzeitig gehen auch Schulden i. H. v. 80.000 EUR über, welche mit dem Anteil an der Kapitalgesellschaft in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen. Das Verwaltungsvermögen der Kapitalgesellschaft beträgt weniger als 10 %.

Lösung

Die Beteiligung ist begünstigtes Betriebsvermögen, da diese mehr als 25 % beträgt (§ 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG). Aus diesem Grund kann EN die Begünstigungen des § 13a ErbStG in Anspruch nehmen. Beantragt EN den 100 %igen Verschonungsabschlag (Voraussetzungen liegen vor), entfällt jedoch der Abzug der Schulden.

 
Ansatz des Betriebsvermögens 650.000 EUR
./. 100 %iger Verschonungsabschlag ./. 650.000 EUR
Steuerpflichtiges Betriebsvermögen 0 EUR
Ermittlung des steuerpflichtigen Erwerbs und der Erbschaftsteuer:  
Steuerpflichtiges Betriebsvermögen (s. vorstehend) 0 EUR
Unbe...

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