Die einzelnen Nachversteuerungsfälle sind in § 13a Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 bis 5 ErbStG beschrieben. Im Einzelnen sind dies:

a)

Der Erwerber veräußert innerhalb der 5- bzw. 7-jährigen Behaltensfrist (§ 13a Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 ErbStG):

aa)

einen Gewerbebetrieb oder einen Teilbetrieb,

 
Praxis-Beispiel

Veräußerung des Vermögens innerhalb der Behaltensfrist

Erwerber E hat von seinem Vater V am 15.12.2015 ein Einzelunternehmen (Ertragswert 1.700.000 EUR) im Wege der vorweggenommenen Erbfolge erhalten. Das Verwaltungsvermögen des Betriebs beträgt 20 %. 4 Jahre nach dem Erwerb veräußert E das Einzelunternehmen an den Y.

Lösung

Das Einzelunternehmen ist nach § 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG begünstigtes Vermögen. Da das Verwaltungsvermögen mehr als 10 %, aber nicht mehr als 50 % beträgt, kommen hier die Regelverschonung (85 %iger Verschonungsabschlag) und der Abzugsbetrag zur Geltung (§ 13a Abs. 1 ErbStG und § 13a Abs. 2 ErbStG).

Durch die Veräußerung des Einzelunternehmens innerhalb der Behaltensfrist von 5 Jahren kommt es zur Nachversteuerung für E (§ 13a Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 ErbStG).

bb) einen Anteil an einer Gesellschaft i. S. d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG
cc) einen Anteil an einer Gesellschaft i. S. d. § 15 Abs. 3 EStG
dd einen Anteil an einer Gesellschaft i. S. d. § 18 Abs. 4 EStG
ee) einen Anteil eines persönlich haftenden Gesellschafters einer Kommanditgesellschaft.

Hierzu rechnet auch die Anwachsung eines Mitunternehmeranteils bei den verbleibenden Mitgesellschaftern oder auch, wenn eine bisher zweigliedrige Gesellschaft als Einzelunternehmen von dem verbleibenden Gesellschafter fortgeführt wird.[1]

Wird nur ein Anteil an einem Anteil innerhalb der 5- bzw. 7-jährigen Behaltensfrist veräußert, gilt dies ebenfalls.

Das Gesetz stellt die Aufgabe der Veräußerung gleich (§ 13a Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 ErbStG). Wird also das vorgenannte Vermögen aufgegeben, kommt es ebenfalls zur Nachversteuerung.

Auch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens gilt als Veräußerung.[2] Hierzu hat der BFH entschieden[3], dass der Wegfall der Steuervergünstigungen nach § 13a Abs. 5 ErbStG a. F. durch die insolvenzbedingte Veräußerung des Betriebsvermögens kein sachlicher Grund für einen Erlass nach § 227 AO ist. Auch wenn das Urteil zur Rechtslage bis 2008 ergangen ist, ist dies gleichwohl auch ab 2009 zu beachten.

 
Praxis-Beispiel

Insolvenzbedingte Betriebsaufgabe

Die Enkelin EN wird von deren Großvater GV zur Alleinerbin eingesetzt. Im Nachlass befindet sich ein Betrieb (Steuerwert 4.815.000 EUR). Das Verwaltungsvermögen beläuft sich auf 32 %. Anderes Vermögen ist nicht vorhanden. GV verstirbt am 1.2.2015. 5 Monate nach dem Erbfall kommt es zur insolvenzbedingten Betriebsaufgabe.

Lösung

a) Steuerliche Auswirkung im Zeitpunkt des Erwerbs

Für EN kommt die Regelverschonung (85 %iger Verschonungsabschlag und Abzugsbetrag von 150.000 EUR) zur Anwendung. Die Berechnung der Erbschaftsteuer für EN sieht wie folgt aus:

 
Betriebsvermögen nach § 13b Abs. 1 ErbStG 4.815.000 EUR
Betriebsvermögen nach § 13b Abs. 4 ErbStG (85 %) ./. 4.092.750 EUR
Verbleibender Betrag (15 % nicht begünstigtes Vermögen) 722.250 EUR
Gleitender Abzugsbetrag nach § 13a Abs. 2 ErbStG 150.000 EUR
Abschmelzen  
BV § 13b Abs. 1 ErbStG  
(nach § 13b Abs. 4 ErbStG) 722.250 EUR  
./. Abzugsbetrag ./. 150.000 EUR  
Übersteigender Betrag 572.250 EUR  
Davon 50 % 286.125 EUR ./. 286.125 EUR
Verbleibender Abzugsbetrag ./. 0 EUR
Zu berücksichtigendes steuerpflichtiges Betriebsvermögen 722.250 EUR

Wie sich aus dem Beispiel ergibt, vermindert sich der gleitende Abzugsbetrag auf 0 EUR, was hier dazu führt, dass das in die schenkungsteuerliche Bemessungsgrundlage eingehende Betriebsvermögen 722.250 EUR beträgt.

Von der obigen Bemessungsgrundlage ist der persönliche Freibetrag i. H. v. 200.000 EUR zum Abzug zu bringen (§ 16 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG). Das ergibt einen abgerundeten steuerpflichtigen Erwerb i. H. v. 522.200 EUR (§ 10 Abs. 1 Satz 6 ErbStG). Bei einem Steuersatz von 15 % (§ 19 Abs. 1 ErbStG) resultiert daraus eine erbschaftsteuerliche Belastung i. H. v. 78.330 EUR für die Enkelin EN.

b) Steuerliche Auswirkung nach der insolvenzbedingten Betriebsaufgabe

Die insolvenzbedingte Betriebsaufgabe innerhalb der 5-jährigen Behaltensfrist ist ein Nachsteuer auslösender Tatbestand. Da die Betriebsaufgabe innerhalb des ersten Jahres nach dem Erwerb stattfindet, fällt der 85 %ige Verschonungsabschlag in voller Höhe weg.

Die Berechnung der Erbschaftsteuer für EN sieht nun wie folgt aus:

 
Betriebsvermögen nach § 13b Abs. 1 ErbStG 4.815.000 EUR
Betriebsvermögen nach § 13b Abs. 4 ErbStG (0 %) ./. 0 EUR
Verbleibender Betrag (15 % nicht begünstigtes Vermögen) 4.815.000 EUR

Auch der Abzugsbetrag findet hier keine Anwendung.

Von der obigen Bemessungsgrundlage ist der persönliche Freibetrag i. H. v. 200.000 EUR zum Abzug zu bringen (§ 16 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG). Das ergibt einen abgerundeten steuerpflichtigen Erwerb i. H. v. 4.615.000 EUR (§ 10 Abs. 1 Satz 6 ErbStG). Bei einem Steuersatz von 19 % (§ 19 Abs. 1 ErbStG) entsteht eine erb...

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