Unabhängig vom Auskunftsanspruch des § 2314 BGB erkennt Abs. 1 Satz 2, 2. Alt. dieser Norm dem pflichtteilsberechtigten Nichterben dem Erben gegenüber einen eigenständigen Anspruch auf Wertermittlung zulasten des Nachlasses zu.

Nach der Rechtsprechung des BGH steht dem Pflichtteilsberechtigten nicht der Anspruch aus § 2314 BGB gegenüber dem vom Erblasser Beschenkten zu. Grund hierfür ist die Regelung des § 2329 BGB, wonach der Beschenkte nur einer begrenzten Haftung unterliegt. Eine kostenträchtige Wertermittlungspflicht würde ihn in unzumutbarer Weise belasten. Allerdings kann ein Wertermittlungsanspruch aus § 242 BGB hergeleitet werden, wobei die Kosten dem Anspruchsteller zur Last fallen.[1]

Auch dem pflichtteilsberechtigten Erben steht neben seinem Auskunftsanspruch aus § 242 BGB ein Anspruch auf Wertermittlung zu. Das gilt auch für einen Anspruch gegen den Beschenkten, wenn der Anspruchsteller die anfallenden Kosten selbst trägt.[2] Voraussetzung ist, dass die Zugehörigkeit des infrage stehenden Gegenstandes zum Nachlass unstreitig ist oder bewiesen wird. Besteht dahingegen nur ein Verdacht, so verbleibt es allein bei dem Auskunftsanspruch.

Der BGH[3] hat nunmehr klargestellt, dass die Veräußerung des Nachlassgegenstandes durch den Erben nach dem Erbfall dem Anspruch auf Wertermittlung aus § 2314 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 BGB nicht entgegensteht.

Inhalt des Anspruchs ist es den Wert des Nachlasses oder einzelner Nachlassgegenstände zu ermitteln, was meist durch Schätzung erfolgen wird. Ist die Wertermittlung allein durch Unterlagen und die Weitergabe von Informationen möglich, so erschöpft sich der Anspruch hierin. Anderenfalls hat die Wertermittlung durch das Gutachten eines unabhängigen (nicht zwingend öffentlich vereidigten) Sachverständigen zu erfolgen. Ein Anspruch auf Ergänzung eines Wertermittlungsgutachtens kommt grundsätzlich nicht in Betracht, da dessen Funktion allein darin besteht das Prozessrisiko kalkulierbar zu machen und keineswegs Uneinigkeiten über den Wert aufzuklären.

 
Praxis-Tipp

Dass das Wertermittlungsgutachten grundsätzlich für beide Parteien unverbindlich ist, sollte im Klageantrag deutlich hervorgehoben werden.

Bei der Bewertung des fiktiven Nachlasses ist das Niederstwertprinzip anzuwenden.

[2] BGH, Urteil v. 2.6.1993, IVa ZR 259/92.
[3] BGH, Urteil v. 29.9.2021, IV ZR 328/20.

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