Leitsatz

Die Erbengemeinschaft kann mit Stimmenmehrheit einen der Teilhaber zur Einziehung einer Nachlassforderung ermächtigen, sofern dies einer ordnungsgemäßen Verwaltung entspricht (im Anschluss an Senatsurteile, v. 11.11.2009, XII ZR 210/05, BGHZ 183 S. 131 = FamRZ 2010 S. 119 und v. 20.10.2010, XII ZR 25/09, NJW 2011 S. 61).

(amtlicher Leitsatz des BGH)

 

Normenkette

BGB §§ 745, 2038, 2039, 2040

 

Kommentar

Es betrifft eine Erbengemeinschaft, an der A zu ¾ und B zu ¼ beteiligt sind. Zu dem Nachlassgegenstand gehört eine vermietete Immobilie. A hat ohne Mitwirkung des B ein auf den Namen der Erbengemeinschaft lautendes Bankkonto eröffnet, auf das der Mieter die Miete einbezahlt hat. Der BGH hatte zu entscheiden, ob der Mieter mit dieser Zahlung seine Mietschuld erfüllt hat.

Nach § 362 Abs. 1 BGB erlischt das Schuldverhältnis, wenn die geschuldete Leistung an den Gläubiger bewirkt wird.

Wichtig

Mietzahlung an alle Erben

Steht auf der Vermieterseite eine Erbengemeinschaft, kann der Mieter nur an alle Erben gemeinsam zahlen.

Diese Voraussetzung lag nicht vor: A hatte das Konto im Alleingang eröffnet; folgerichtig konnte er allein hierüber verfügen. Aus diesem Grund hat das Berufungsgericht ausgeführt, dass die Mietschuld durch die Zahlung nicht erloschen ist.

Hierbei wurde allerdings die Regelung in den §§ 2038 Abs. 2 i.V.m. 745Abs. 1 Satz 1 BGB übersehen. Nach § 2038 Abs. 1 BGB steht die Verwaltung des Nachlasses den Erben gemeinsam zu. Können sich die Erben nicht einigen, ist die Entscheidung durch Stimmenmehrheit zu treffen. Besteht die Gemeinschaft – wie hier – nur aus 2 Personen und sind die Erbteile verschieden groß, so kann der Mehrheitserbe allein entscheiden. Gleiches gilt bei einer Vielzahl von Erben, wenn der Anteil eines Erben mehr als 50 % beträgt.

Zur Verwaltung des Nachlassvermögens zählt auch die Einziehung der Miete. Die Art und Weise der Einziehung muss allerdings den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechen. Maßgeblich ist "der Standpunkt eines vernünftig und wirtschaftlich denkenden Beurteilers". Unter diesem Gesichtspunkt ist die Einrichtung eines Sonderkontos als Teil der Mietverwaltung nicht zu beanstanden. Deshalb konnte der Mehrheitseigentümer bestimmen, dass die Miete auf das von ihm eingerichtete Sonderkonto gezahlt wird. Ein förmlicher Mehrheitsbeschluss war hierzu nicht erforderlich.

Ob der Mehrheitserbe die übrigen Erben zur Mitwirkung auffordern muss (so K. Schmidt, in MünchKomm, §§ 744, 745 BGB Rdn. 19), hat der BGH – als nicht entscheidungserheblich – offengelassen.

 

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil v. 19.9.2012, XII ZR 151/10, NJW 2013 S. 166

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