Eine der am häufigsten in der Praxis auftretenden Fragen ist, wie das mietfreie Wohnen in einer im Eigentum stehenden Immobilie zu bewerten ist. Es handelt sich dabei um einen vermögenswerten Vorteil, der unterhaltsrechtlich wie Einkommen behandelt wird, da Unterhaltspflichtige, die keine monatlichen Mietzahlungen aufbringen müssen, entsprechend mehr Geld für den sonstigen Lebensunterhalt zur Verfügung haben. Andererseits ist zu beachten, dass diesem Vorteil regelmäßig entsprechende Zins- und Tilgungsleistungen gegenüberstehen.

Die Höhe des Wohnvorteils wird im Unterhaltsrecht grundsätzlich auf der Grundlage der bei einer Fremdvermietung erzielbaren objektiven Kaltmiete bemessen. Beim Elternunterhalt gibt es jedoch die Besonderheit, dass der Wohnvorteil lediglich auf der Grundlage der unter den konkreten Umständen ersparten angemessenen Miete zu bemessen ist. Der BGH[1] führt hierzu aus:

"…Auf eine Schmälerung des eigenen Bedarfs würde es aber hinauslaufen, wenn bei der Bemessung der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen Mittel berücksichtigt würden, die ihm tatsächlich nicht zur Verfügung stehen und die er – wie es bei der Differenz zwischen den für sich und seine Familie angemessenen Wohnkosten und dem objektiven Mietwert seines Eigenheims der Fall ist – nur durch eine Verwertung der Immobilie erzielen könnte. Eine solche Fallgestaltung kann etwa vorliegen, wenn der Unterhaltspflichtige im Wesentlichen durch Eigenleistungen kostengünstig ein Eigenheim errichtet, dessen objektiver Mietwert den bei den gegebenen Einkommensverhältnissen für Wohnkosten einzusetzenden angemessenen Betrag übersteigt. Da eine Veräußerung oder Vermietung des Familienheims die bisherige, häufig bereits langjährig gestaltete Lebensführung grundlegend beeinträchtigen würde, muss beides als unterhaltsrechtlich unzumutbar angesehen werden… Das gilt unabhängig davon, ob auch unter dem Gesichtspunkt eines Erhalts von selbstgenutztem Grundbesitz als zusätzlicher Altersversorgung eine Verwertung nicht erwartet werden kann...Auch der Elternteil selbst könnte von dem Unterhaltspflichtigen nicht verlangen, die angemessene Nutzung eines Eigenheims zugunsten einer ertragreicheren Verwendung aufzugeben... "

"...Kann von dem Unterhaltspflichtigen nicht erwartet werden, dass er den objektiven "Mehrwert" eines Familienheims realisiert, würde dieser aber gleichwohl als unterhaltsrelevantes Einkommen berücksichtigt, so wäre der Lebensstandard deshalb eingeschränkt, weil dem Unterhaltspflichtigen die bisher zur Bestreitung seines allgemeinen Bedarfs zur Verfügung stehenden Mittel teilweise fehlen würden. Auch das braucht beim Aszendentenunterhalt nicht hingenommen zu werden. Im Hinblick darauf erweist sich der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, bei der Inanspruchnahme auf Zahlung von Elternunterhalt sei der Wert des mietfreien Wohnens nicht nach der bei einer Fremdvermietung erzielbaren objektiven Marktmiete, sondern auf der Grundlage der ersparten Mietaufwendungen zu bestimmen, als rechtlich zutreffend..."

Der ersparte Mietzins hat sich dabei an der für den Unterhaltspflichtigen angemessenen Wohnfläche auszurichten. Ohne Bedeutung ist daher, wie groß die von dem Unterhaltspflichtigen tatsächlich bewohnte Wohnfläche ist. Es kommt vielmehr auf den durchschnittlichen Wohnflächenbedarf an. Dieser beträgt in der Regel bei einer Person zwischen 40 m² und 50 m². Leben in der eigenen Immobilie noch unterhaltsbedürftige Kinder, ergibt sich für jedes Kind ein zusätzlicher Wohnflächenbedarf von etwa 15 m². Der insgesamt benötigte Wohnflächenbedarf ist dann mit der ortsüblichen Marktmiete pro m² zu multiplizieren.

 
Praxis-Beispiel

Lebt das unterhaltspflichtige Kind mit einem Ehegatten und zwei Kindern zusammen, beläuft sich der Wohnflächenbedarf auf (40 m² + 40 m² + 15 m² + 15 m² =) 110 m². Liegt die ortsübliche Marktmiete pro m² bei 6 EUR, ist der Wohnvorteil mit (110 m² x 6 EUR =) 660,00 EUR anzusetzen.

Einige Sozialämter berechnen den Wohnwert davon abweichend in der Gestalt, dass ein Prozentsatz von 20 – 30 % des Nettoeinkommens des unterhaltspflichtigen Kindes angerechnet wird. Wenn dieser Ansatz für das unterhaltspflichtige Kind schlechter ist, als der obig dargestellte Weg, sollte dies moniert werden.

Der Wohnvorteil ist bei dem Betrag gedeckelt, der für das bewohnte Objekt bei einer Fremdvermietung objektiv an Miete zu erzielen wäre. Dies kann etwa relevant werden, wenn es sich um einen sehr kinderreichen Haushalt handelt.

Ruhen auf dem Eigenheim noch Finanzierungsbelastungen, so sind diese in Abzug zu bringen. Dies gilt in jedem Fall für den Teil der Kreditraten, der auf die Zinsen entfällt. Die Frage, ob und gegebenenfalls in welcher Weise die Tilgungsleistungen für eine selbstgenutzte Immobilie im Elternunterhalt auf die Altersvorsorgequote von 5 % anzurechnen sind, war lange Zeit innerhalb der Rechtsprechung und Literatur umstritten. Es wurde einerseits vertreten, dass Tilgungsaufwendungen für die selbstgenutzte Immobilie als Altersvorsorge auf die ...

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