Wenn der unterhaltsbedürftige Elternteil Ansprüche gegen dritte Personen hat, muss er diese realisieren, um seine Bedürftigkeit zu beseitigen. Besonders praxisrelevant sind in diesem Zusammenhang regelmäßig folgende Ansprüche:

  • Schenkungsrückforderungen,
  • Wohnungsrechte und Nießbrauchsrechte sowie
  • Pflegeverpflichtungen.

Also immer dann, wenn der bedürftige Elternteil in der Vergangenheit Vermögenswerte verschenkt hat, ein Wohnungs- bzw. Nießbrauchsrecht erhalten hat oder sich jemand ihm gegenüber zur Pflege verpflichtet hat, kommen solche Ansprüche in Betracht.

 
Hinweis

Mögliche Ansprüche des unterhaltsberechtigten Elternteils gegen Dritte gehören zu häufigen Einwendungen des unterhaltspflichtigen Kindes. Der Elternteil – bzw. das Sozialamt – muss darlegen, inwieweit derartige Ansprüche realisiert wurden bzw. nicht bestehen. Der Streit über solche (vermeintlichen) Ansprüche nimmt oft viel Zeit in Anspruch und kann die Sozialämter davon abhalten, die Ansprüche gegen die Kinder zeitnah geltend zu machen. Diese Verzögerungen können sich günstig für das Kind auswirken, wenn die Zeitverzögerung länger als 1 Jahr andauert (Stichwort Verwirkung) oder wenn im Hinblick auf vermeintliche Ansprüche gegen Dritte erst gar keine Rechtswahrungsanzeigen verschickt werden.

7.4.1 Schenkungsrückforderungen

Hat der Elternteil in der Vergangenheit etwas verschenkt, zählt das Verschenkte zwar nicht mehr zu seinem verwertbaren Vermögen. Gemäß § 528 Abs. 1 Satz 1 BGB kann jedoch jeder Schenker von dem Beschenkten die Schenkung zurückfordern, soweit der Schenker nach Vollziehung der Schenkung außerstande ist, seinen angemessenen Lebensunterhalt zu bestreiten. Aus diesem Grunde kann auch der unterhaltsbedürftige Elternteil verpflichtet sein, Schenkungen zurückzufordern. Diese Forderung ist ein grundsätzlich verwertbarer Vermögensgegenstand. Das Sozialamt kann das Rückforderungsrecht, welches zweckgebunden und an erster Stelle dem Schenker selbst zusteht, gemäß § 93 SGB XII auf sich überleiten und gegen die beschenkte Person geltend machen.

 
Hinweis

Auch nach Inkrafttreten des Angehörigen-Entlastungsgesetzes bleiben Rückforderungen von Schenkungen möglich. Der Sozialhilfeträger ist nach wie vor nicht gehindert, entsprechende Ansprüche auf sich überzuleiten und die Herausgabe von Geschenken oder Wertersatzansprüche geltend zu machen.

Der Anspruch aus § 528 Abs. 1 Satz 1 BGB setzt zunächst voraus, dass eine vollzogene Schenkung im Sinne des § 516 BGB vorliegt. Es ist in diesem Zusammenhang stets zu hinterfragen, ob im Einzelfall tatsächlich eine reine Schenkung vorliegt. Überträgt z. B. ein Elternteil zu Lebzeiten seine Immobilie auf eines seiner Kinder und behält er sich dabei ein lebenslanges Wohnrecht an (Teilen) der Immobilie vor, liegt keine reine, sondern nur eine gemischte Schenkung vor. Denn wegen des vorbehaltenen Wohnrechts ist dem Kind die Immobilie nicht vorbehaltlos übertragen worden. In diesen Fällen gilt es zu überprüfen, welchen wirtschaftlichen Wert die reine Schenkung hatte, die zurückgefordert werden kann. Das Wohnrecht ist zu kapitalisieren und von dem Wert der gesamten Zuwendung abzuziehen. Zur Kapitalisierung ist der jährliche Nettoertrag des Wohnrechts mit einem Kapitalwert auf der Grundlage der Lebenserwartung (dieser ergibt sich aus § 14 Bewertungsgesetz) zu multiplizieren. Selbiges kann gelten, wenn eine Gegenleistung in Form von Pflegeverpflichtungen, Rentenzahlungen etc. vereinbart wird. Dabei ist es grundsätzlich Sache desjenigen, der einen Anspruch aus § 528 BGB geltend macht, die (volle oder teilweise) Unentgeltlichkeit der Zuwendung zu beweisen.[1]

Wird einem im Sinne von § 528 Abs. 1 Satz 1 BGB bedürftigen Schenker Sozialhilfe gewährt und der Rückforderungsanspruch gegen den Beschenkten auf den Träger der Sozialhilfe übergeleitet, ist für die Einstandspflicht des verschenkten Vermögens die Einkommens- und Vermögenslage des Schenkers im Zeitpunkt der zur Bewilligung der Hilfe führenden Beantragung von Sozialhilfe maßgeblich, nicht dagegen die Einkommens- und Vermögenslage des Schenkers im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung über den übergeleiteten Anspruch.[2]

Nach § 528 Abs. 1 2 BGB kann der Beschenkte die Herausgabe des Geschenks durch die Zahlung des für den Unterhalt erforderlichen Betrags abwenden. Einem Rückforderungsanspruch nach § 528 Abs. 1 Satz 1 BGB kann folgendes entgegengesetzt werden, wenn die entsprechenden Voraussetzungen vorliegen:

Bei der Schenkung eines Grundstücks gilt die Schenkung als vollzogen (dies ist relevant für den Beginn der Zehnjahresfrist im Sinne von § 529 Abs. 1 2. Alt. BGB), wenn der Beschenkte nach dem formgerechten Abschluss des Schenkungsvertrages und der Auflassun...

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