Die Sozialämter stellen sich häufig auf den Standpunkt, dass Vermögensrücklagen für die eigene Beerdigung von den bedürftigen Eltern zur vorrangigen Bedarfsdeckung verwertet werden müssen. Dies ist allerdings so nicht zutreffend, denn nach der Rechtsprechung gehören generell angemessene Rücklagen für Beerdigungen zum geschützten Vermögen nach § 90 SGB XII. Innerhalb der sozialgerichtlichen Rechtsprechung wird verbreitet die Auffassung vertreten, dass sowohl das für eine angemessene Bestattung als auch das für eine angemessene Grabpflege angelegte Geld als Schonvermögen im Sinne von § 90 Abs. 3 Satz 1 SGB XII zu betrachten ist. Insbesondere das im Rahmen einer Sterbegeldversicherung angelegte Vermögen ist grundsätzlich nicht durch einen Rückkauf der Versicherung zu verwerten, wenn es sich um eine angemessene Sterbegeldversicherung handelt. Eine aktuelle Entscheidung des Sozialgerichts Gießen[1] sagt dazu:

"...Das Gericht lässt offen, ob man das Sterbegeld als Bestandteil der Altersversicherung aus § 90 Abs. 3 Satz 2 ansieht oder seine Verschonung unmittelbar aus § 90 Abs. 3 Satz 1 SGB XII herleitet. Nach Ansicht des erkennenden Gerichts soll eine Sterbegeldversicherung nach den Leitvorstellungen des § 90 Abs. 2 SGB XII vom Vermögenseinsatz frei bleiben, ist aber wegen ihrer Atypik von der Aufzählung der Vorschrift nicht erfasst worden. Aufgabe der Sozialhilfe nach § 1 Abs. 2 SGB XII ist es, dem Hilfeempfänger ein Leben zu ermöglichen, das der Würde des Menschen entspricht. Somit sind nicht nur materielle, sondern auch immaterielle Werte geschützt, was sich aus § 90 Abs. 2 Nr. 6 SGB XII ergibt: Unverwertbarkeit von Familien- und Erbstücken und Nr. 7: Unverwertbarkeit von Gegenständen, die zur Befriedigung geistiger, insbesondere wissenschaftlicher oder künstlerischer Bedürfnisse dienen. Diesen normierten immateriellen Werten ist der Wunsch vieler Menschen gleichzusetzen, für ein angemessenes Begräbnis und die Zeit nach ihrem Tode vorzusorgen. Es ist daher zu respektieren, dass ihnen die Mittel erhalten bleiben, die sie für eine angemessene Bestattung und Grabpflege zurückgelegt haben. Der Gesetzgeber hat, auch wenn er eine Sterbeversicherung nicht in den Katalog des § 90 Abs. 2 SGB XII aufgenommen hat, die Vorsorge hierfür in § 33 SGB XII anerkannt..."

"...Ebenso ist das Recht, über die eigene Bestattung zu bestimmen, Teil des grundrechtlich geschützten Persönlichkeitsrechts (Artikel 2 Abs. 1 GG). Dies umfasst auch die Dispositionsfreiheit, selbst zu Lebzeiten für eine angemessene Bestattung Sorge zu tragen und nicht sein Vermögen zur Bestreitung zukünftiger Betreuerkosten anzusparen und sich auf ein "Armenbegräbnis" nach § 74 SGB XII durch den Sozialhilfeträger verweisen zu lassen..."

 
Hinweis

Für das unterhaltspflichtige Kind bedeutet diese Vermögensschonung natürlich eine früher einsetzende Verpflichtung zur Zahlung von Elternunterhalt (wobei das Kind dann ggf. als Erbe entlastet ist, da nicht er als Erbe, sondern die Sterbegeldversicherung die Bestattungskosten zahlen muss).

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