Leitsatz

Das OLG Hamm hat sich in dieser Entscheidung mit den Kriterien für den Entzug von Teilbereichen der elterlichen Sorge wegen Kindeswohlgefährdung aufgrund der Erziehungsungeeignetheit der Eltern und den Voraussetzungen hierfür auseinandergesetzt.

 

Sachverhalt

Die am 4.3.1975 geborene Kindesmutter und der am 09.10.1972 geborene Kindesvater hatten eine mehr als 20jährige Beziehung und waren seit dem 31.01.1997 miteinander verheiratet. Aus ihrer Beziehung waren ein im Jahre 2001 geborener Sohn und eine im Jahre 2007 geborene Tochter hervorgegangen.

Bereits seit Juni 2004 war es im Haushalt der Familie immer wieder zu Polizeieinsätzen gekommen. Ein erster Einsatz erfolgte im Juni 2004, nachdem es zu einem Angriff der seinerzeit stark alkoholisierten Kindesmutter mit einem Küchenmesser auf den Kindesvater gekommen war.

Im Februar 2005 wurde der damals 4-jährige Sohn im sozialpädiatrischen Zentrum aufgrund eines extrem aggressiven Verhaltens vorgestellt. Vom 11.7.2005 bis zum 13.7.2005 wurde er dort stationär behandelt. Die Ärzte stellten hierbei eine erzieherische Überforderung der Kontaktpersonen fest.

Im August 2006 kam es in einer Gaststätte zu einem Streit zwischen der damals ebenfalls alkoholisierten Kindesmutter und einem anderen Gast. Am 27.4.2008 kam es in dem Haushalt der Familie zu einem weiteren Polizeieinsatz, nachdem es zwischen den Kindeseltern unter erheblichem Alkoholeinfluss zu einem erneuten Streit gekommen war. Der seinerzeit 7-jährige Sohn hatte zuvor unter dem Eindruck des heftigen Streits zwischen seinen Eltern die Wohnung verlassen und Zuflucht bei seiner Großmutter, der Mutter der Kindesmutter, gesucht.

Am 23.8.2008 kam es zu einem erneuten Polizeieinsatz in der Familie. Der Sohn war abermals zu seiner Oma gekommen und hatte angegeben, dass sein Vater blute. Beide Kindeseltern seien erheblich alkoholisiert gewesen. Auf dem Sofa habe die ca. 1-jährige Tochter gelegen. Nach der Konsumierung erheblicher Mengen Alkohols war es zwischen den Eltern erneut zu Streitigkeiten gekommen, die in gegenseitigen Gewalttätigkeiten mündeten.

Am 6.11.2008 kam es zu einer Auseinandersetzung zwischen dem Sohn und seiner Mutter, in deren Verlauf er seine Mutter würgte.

Unter dem 12.11.2008 beantragte das Jugendamt beim AG Maßnahmen nach § 1666a BGB. Es bestehe aus dortiger Sicht die Gefahr einer akuten Kindeswohlgefährdung.

Mit Beschluss vom 12.11.2008 hat das AG den Kindeseltern im Wege der einstweiligen Anordnung das Aufenthaltsbestimmungsrecht, das Recht zur Gesundheitsfürsorge und das Recht zur Beantragung öffentlicher Mittel für die beiden Kinder entzogen und auf das Jugendamt als Pfleger übertragen. Gleichzeitig hat es die Inobhutnahme der Kinder durch das Jugendamt genehmigt.

In der Folgezeit wurden beide Kinder in Obhut genommen.

Unter dem 18.11.2008 beantragten die Kindeseltern die Aufhebung der einstweiligen Anordnung und die Rückübertragung der entzogenen Sorgerechtsteile auf sie.

Das AG hat die einstweilige Anordnung vom 12.11.2008 aufrechterhalten und zugleich in der zwischenzeitlich anhängigen Hauptsache ein schriftliches Sachverständigengutachten zur Frage der Erziehungseignung der Kindeseltern eingeholt.

In der Folgezeit kam es zu weiteren Polizeieinsätzen.

Im Termin am 13.5.2009 hat das AG die einstweilige Anordnung vom 12.11.2008 erneut bestätigt.

In ihrem schriftlichen Gutachten vom 18.6.2009 kam die Sachverständige zu dem Ergebnis, beide Eltern seien zur Erziehung der Kinder nicht geeignet, da sie nicht als erziehungsfähig einzustufen seien. Es entspreche dem Kindeswohl am ehesten, wenn die Kinder nicht bei den Kindeseltern lebten, sondern anderweitig untergebracht und versorgt würden.

Mit Beschluss vom 21.8.2009 hat das AG sodann den Kindeseltern das Sorgerecht mit Blick auf die beiden Kinder entzogen und auf eine Mitarbeiterin des Sozialdienstes Katholischer Frauen als Vormund übertragen.

Gegen die ihr am 24.8.2009 zugestellte Entscheidung des AG hat die Kindesmutter Beschwerde eingelegt und die Aufhebung der erstinstanzlichen Entscheidung und die Rückübertragung des Sorgerechts auf sich selbst beantragt.

Das Rechtsmittel der Kindesmutter hatte teilweise Erfolg und führte zur Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung.

 

Entscheidung

Das OLG kam zu dem Ergebnis, hinsichtlich des Aufenthaltsbestimmungsrechts, der Gesundheitsfürsorge und des Rechts, Anträge nach § 27 ff. SGB VIII zu stellen, habe das AG den Kindeseltern diese Teilbereiche des Sorgerechts im Hinblick auf ihre beiden Kinder zu Recht entzogen, weil die Voraussetzungen der §§ 1666, 1666a BGB vorlägen.

Das Wohl der Kinder i.S.v. § 1666 Abs. 1 BGB sei gefährdet, wenn eine gegenwärtige Gefahr oder zumindest eine bevorstehende Gefahr für ihre Entwicklung vorliege, die so ernst zu nehmen sei, dass sich eine erhebliche Schädigung des - körperlichen oder seelischen - Wohls mit ziemlicher Sicherheit voraussehen lasse.

Gemessen an den hierbei zu beachtenden Kriterien sei die Herausnahme der Kinder aus dem Familienverband gerechtfertigt gewesen.

Nac...

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