Leitsatz

Die unverheirateten Eltern zweier in Südafrika geborener minderjähriger Kinder stritten um die elterliche Sorge. Zentrales Problem dieser Entscheidung war die Frage, ob eine in Südafrika ergangene Entscheidung zur elterlichen Sorge wirksam und für die deutschen Gerichte bindend ist.

 

Sachverhalt

Die Beteiligten zu 3) und 4) waren die unverheirateten Eltern zweier in Südafrika geborener Kinder. Die Familie hatte bis Mitte 2011 dort gelebt.

Nach ihrer Trennung im Jahre 2006 betreuten die Eltern die Kinder bis Ende 2007 im wöchentlichen Wechsel. Von 2008 bis 2009 betreuten sie die Kinder gemeinsam. Ab Anfang 2009 bis zur Rückkehr nach Deutschland lebten die Kinder unter der Obhut des Vaters, weil die Mutter wegen einer Arbeitsstelle an einem anderen Ort die Kinder nachmittags nicht mehr betreuen konnte.

2009/2010 kam es zu einem Streit zwischen den Eltern über die Frage, ob der Vater, der zwischenzeitlich eine neue Lebenspartnerin in Deutschland hatte und Mitte März Vater eines Kindes aus dieser neuen Beziehung geworden war, mit den beiden gemeinsamen Kindern nach Deutschland übersiedeln dürfe. Eine Ende 2010 durchgeführte Mediation führte zu keinem Ergebnis. Die Mutter war trotz der Empfehlung der Gutachterin, die Kinder sollten beim Vater bleiben und mit diesem nach Deutschland ziehen, mit dem Wegzug nicht einverstanden.

Der Vater beantragte sodann beim High Court Pretoria die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf sich allein. Das Gericht hat daraufhin das Sorgerecht dem Vater zugesprochen, der mit den Kindern kurze Zeit später nach Deutschland ausreiste.

Auch die Mutter war zwischenzeitlich nach Deutschland zurückgekehrt.

Sie hat in einem von ihr eingeleiteten Verfahren die fehlende Anerkennungsfähigkeit des südafrikanischen Gerichts geltend gemacht und Feststellung begehrt, dass ihr das alleinige Sorgerecht zustehe und sie hilfsweise mit dem Antragsgegner gemeinsam das Sorgerecht für die beiden Kinder ausübe. Sie rügte u.a. die fehlende persönliche Anhörung der Kinder durch das Gericht in Südafrika. Auch sei ihr weder der verfahrenseinleitende Schriftsatz noch eine Entscheidung des Gerichts persönlich zugestellt worden.

Das erstinstanzliche Gericht hat festgestellt, dass das Sorgerecht dem Vater alleine zustehe und die Anträge der Mutter zurückgewiesen.

Hiergegen richtete sich ihre Beschwerde.

Ihr Rechtsmittel blieb ohne Erfolg.

 

Entscheidung

Das OLG hielt die Entscheidung des High Court of South Africa für wirksam und für die deutschen Gerichte bindend. Abänderungsgründe i.S.d. § 1696 BGB, wonach der Mutter nach dem nunmehr anwendbaren deutschen Recht die gemeinsame Sorge mit dem Vater zu übertragen sein könnte, lägen nicht vor. Im Übrigen wäre im Fall der Versagung der Anerkennung der ausländischen Entscheidung nunmehr dem Vater die Alleinsorge zu übertragen.

Nachdem die Mutter von dem Verfahren in Südafrika Kenntnis gehabt und sich daran selbst durch Anwälte beteiligt habe, komme es auf die Frage der Antragszustellung an sie persönlich nicht an. Wenn auch der Kindesvater in jenem Verfahren nur die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts begehrt habe, habe die Kindesmutter angesichts seiner beabsichtigten Übersiedlung gemeinsam mit den minderjährigen Kindern nach Deutschland mit einer Sorgerechtsübertragung im Ganzen rechnen müssen.

Der Antragstellerin sei darin zuzustimmen, dass die Anhörung der Kinder ein fundamentales Prinzip des deutschen Sorgerechtsverfahrens darstelle. Demzufolge versagten deutsche Gerichte unter Hinweis auf den ordre public die Anerkennung bei unterbliebener Anhörung.

Im vorliegenden Fall habe indessen eine Anhörung der Kinder durch die Gutachterin eine Woche vor der Entscheidung des südafrikanischen Gerichts stattgefunden. Dem Gutachten sei zu entnehmen, dass sie den Kindeswillen erforscht und diesen dem Gericht in dem Gutachten ausführlich mitgeteilt habe. Im Gutachten sei explizit das Gespräch mit den Kindern wiedergegeben, die sich dafür ausgesprochen hätten, mit dem Vater nach Deutschland zu gehen. Das Unterlassen der persönlichen Anhörung durch das Gericht beinhalte somit keinen Verstoß gegen den ordre public. Die Entscheidung sei für die inländischen Gerichte bindend.

Die Frage der Anerkennungsfähigkeit der ausländischen Sorgerechtsentscheidung sei eine rechtliche Vorfrage, nachdem beide Eltern sich an das Familiengericht mit dem Ziel der Alleinsorge gewandt hätten. Einer darauf bezogenen Teilanfechtung der Entscheidung erster Instanz fehlten Rechtsschutzinteresse und Beschwer, weil die Entscheidung des Familiengerichts im Übrigen in Rechtskraft erwachse.

 

Link zur Entscheidung

OLG Oldenburg (Oldenburg), Beschluss vom 30.04.2012, 4 UF 14/12

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