§ 151 Nr. 1 FamFG erfasst als Grundsatznorm alle Verfahren – und dies im weitesten Sinne –, die sich mit der Bestimmung der Person, ihrer Rechte oder Pflichten als Sorgeberechtigte befassen. Hierzu gelten jetzt also auch die früher in § 640 Abs. 2 Nr. 3 ZPO geregelten Verfahren betreffend:

  • Die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens der elterlichen Sorge eines Beteiligten für den anderen.
  • Fragen bei Übernahme der elterlichen Sorge bei nicht verheirateten Partnern.[1]
  • Verfahren im Zusammenhang mit der Namensgebung des Kindes.[2]
  • Verfahren im Zusammenhang mit Fragen der religiösen Kindererziehung (§§ 2, 3, 7 RelKErzG).
  • Verfahren betreffend Fragen zur Ehemündigkeit (§ 1303 BGB).
  • Verfahren über die Ersetzung der Zustimmung eines Elternteils etwa bei Fragen zum Wohnungswechsel.
  • Verfahren zu Verfügungsgenehmigungen gem. §§ 1643, 1645 BGB.

Sind allerdings die Tatbestände in § 151 Nr. 2 bis 8 FamFG erfüllt, sind diese gegenüber Nr. 1 die spezielleren Vorschriften.[3]

Über § 151 Nr. 1 FamFG werden daher nicht nur die Sachverhalte zu Fragen der Anordnung der elterlichen Sorge, sondern Streitigkeiten in allen Angelegenheiten erfasst, die für das Kind von erheblicher Bedeutung sind.[4] Der Kreis der Angelegenheiten ist identisch mit demjenigen in § 1628 Satz 1 BGB wonach das Familiengericht auf Antrag eines Elternteils die Entscheidung in Angelegenheiten von erheblicher Bedeutung für das Kind einem Elternteil übertragen kann.

Unabhängig von dem bisher notwendigen Hauptsacheverfahren kann in allen diesen Fallbereichen unter Inanspruchnahme des vorläufigen Rechtsschutzes eine Klärung beim Familiengericht herbeigeführt werden, wobei hier folgende Bereiche betroffen sind:

  • Einräumung der Mitsorge bei nicht verheirateten Eltern.
  • Entzug des Sorgerechts bzw. Mitsorgerechts und Übertragung der alleinigen Sorge[5]

Andere Fälle sind über § 1628 BGB zu lösen, also bspw.:

  • Übertragung des alleinigen Entscheidungsrechtes bei Aufenthaltsbestimmungsfragen.[6]
  • Streitigkeiten im Zusammenhang mit Ausbildungsfragen.[7]
  • Die Zustimmung zu ärztlichen Eingriffen.[8]
  • Streitigkeiten über Reisen, bei denen ein Elternteil seine Zustimmung verweigert

Die Verweigerung kann hier auch die Erteilung eines Kinderausweise oder die Beschaffung eines Kindervisums, bei welchem beide Elternteile ihre Zustimmung erteilen müssen, betreffen. Reisen mit Kindern im EG-Bereich sind allerdings keine Angelegenheit "von erheblicher Bedeutung", es sei denn, dass es sich um ein Krisengebiet wie etwa den Kosovo oder Albanien handelt.[9] Angelegenheiten von erheblicher Bedeutung dürften aber in jedem Falle Fernreisen betreffen.[10]

  • Streitigkeiten über die Namenserteilung.[11]
  • Streitigkeiten über Vermögensfragen, wobei auch hier einstweilige Anordnungen regelmäßig dann möglich sind, wenn z. B. bei vorhandenem ererbten Vermögen gemeinschaftlicher Kinder der eine Elternteil eine Anlage beabsichtigt, mit welcher der andere mitsorgeberechtigte Elternteil nicht einverstanden ist.

Ein Regelungsbedürfnis besteht regelmäßig dann, wenn das Kindeswohl eine einstweilige Regelung zur Abwendung von Nachteilen gebietet.[12] Dies kann aber nur in Ausnahmefällen gegeben sein. Sofern das Kindeswohl gefährdet ist, bleibt die Möglichkeit, ein Verfahren nach § 1666 BGB anzuregen.[13] Zudem stehen solche (Hauptsache-)Verfahren ohnehin unter dem Beschleunigungsgebot (§§ 155 Abs. 1, 155a FamFG), so dass fraglich ist, ob der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wirklich zeitlich kürzer behandelt werden würde.[14]

In der einstweiligen Anordnung auch betreffend den Bereich der elterlichen Sorge kommt nur eine "vorläufige Maßnahme" in Betracht. Mit der einstweiligen Anordnung darf die Hauptsache nicht vorweggenommen werden. Der Inhalt der Anordnung wird daher auf notwendiges, auf ein "weniger".[15] beschränkt sein (z. B. durch Übertragung von Teilrechten aus dem allgemeinen Sorgerecht, Aufenthaltsbestimmungsrecht, Vermögenssorge, Verbot der Mitnahme des Kindes ins Ausland, Vertretung des Kindes gegenüber Behörden etc.).

 
Hinweis

Viefhues[16] ist zuzustimmen, dass wegen der Pflicht des Gerichts, in Umgangs- und Sorgerechtsangelegenheiten die Eltern und das oder die Kinder persönlich anzuhören und das Jugendamt einzuschalten, es in aller Regel zu einer mündlichen Verhandlung kommt und sich dann in der Tat die Frage stellt, ob nicht über ein sofort eingeleitetes Verfahren zur Hauptsache wegen des Beschleunigungsgebotes nach § 155 Abs. 2 Satz 2 FamFG (Monatsfrist zur Durchführung eines Termins) im Ergebnis in gleicher Zeit über den Weg der einstweiligen Anordnung abschließende Regelungen erzielt werden können. Dies gilt umso mehr, als das Gericht nach § 156 FamFG gehalten ist, auf ein Einvernehmen der Beteiligten hinzuwirken und gem. § 156 Abs. 3 FamFG bei Scheitern der Einvernehmensbemühungen mit den Beteiligten ohnehin den Erlass der einstweiligen Anordnung für die in § 155 Abs. 1 FamFG genannten Fälle erörtern soll.

Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung im Bereich der elterliche...

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