Das Familiengericht muss eine Anordnung ändern, wenn dies aus triftigen, das Kindeswohl berührenden Gründen angezeigt ist, § 1696 I BGB.[1]

Die folgenden Entscheidungen zeigen, in welchen Fällen diese Änderungsvoraussetzungen vorliegen.

  • Bei der Änderung ist ein strenger Prüfungsmaßstab anzulegen.[2] Die Vorteile der Neuregelung müssen bei fehlendem Einvernehmen der Eltern zugleich die damit verbundenen Nachteile unter dem Gesichtspunkt der Erziehungskontinuität überwiegen. Eine bloße Gesetzesänderung, so das OLG Karlsruhe, reicht dafür nicht aus.[3]
  • Ist die elterliche Sorge nur einem Elternteilübertragen und beantragt der andere die Begründung der gemeinsamen elterlichen Sorge, so ist bei Widerspruch des (bisherigen) Inhabers der Elternsorge an die Voraussetzungen des § 1696 BGB ein strenger Maßstab anzulegen. Die Vorteile der Neuregelung müssen die mit der Änderung verbundenen Nachteile deutlich überwiegen.[4]
  • Wird ein Abänderungsverfahren mit dem Ziel der gemeinsamen elterlichen Sorge betrieben, ist ein strenger Maßstab anzuwenden. Die Erziehungskontinuität ist zu wahren. Eine einmal erfolgte Zuordnung der elterlichen Sorge darf nicht beliebig aufgerollt werden. Sind die Eltern über die Herstellung der gemeinsamen Sorge uneinig, reicht allein ein Konsens der Eltern über Entscheidungen von erheblicher Bedeutung für das Kind nicht aus.[5]
  • Ein Abänderungsgrund besteht zum Beispiel, wenn bei der Auswanderung eines Elternteils die Voraussetzungen der früheren Entscheidung und die Bejahung der gemeinsamen elterlichen Sorge durch Wegfall der Kooperationsbereitschaft entfallen sind.[6]
  •  
    Wichtig

    In einem Abänderungsverfahren ist das Gericht an einen übereinstimmenden Elternvorschlag gebunden, außer ein über 14 Jahre altes Kind widerspricht dem oder es liegen konkrete Anhaltspunkte für eine Gefährdung des Kindeswohls vor.[7]

  • Der Kindeswunsch[8], künftig beim Vater leben zu wollen, ist kein Grund für eine Abänderung nach § 1696 BGB, wenn ein Sachverständiger bei dem Kind Formen des Parental-Alienation-Syndrom (PAS) festgestellt hat. Die Äußerung ist in diesem Fall vom Einfluss der jeweiligen Umgebung abhängig und die eindeutige Parteinahme entspricht nicht dem tatsächlichen Willen des Kindes.[9]
  • Eine Entscheidungsänderung ist im Fall von PAS von Amts wegen nach § 1666 BGB möglich, wenn der allein sorgeberechtigte Elternteil hartnäckig den Umgang verweigert und sich als erziehungsungeeignet erweist.[10]
  • Im Verfahren nach § 1696 BGB ist der Erlass einer vorläufigen Anordnung möglich, wenn ein sofortiges Einschreiten ohne abschließende Klärung zur Vermeidung der Kindeswohlbeeinträchtigung dringend geboten ist und es zudem auf Grund glaubhaft gemachter Tatsachen wahrscheinlich ist, dass die Hauptsacheentscheidung in die gleiche Richtung geht.[11]
  • Der Beitritt der Eltern zu den Zeugen Jehovas begründet für sich allein keine Änderung einer Sorgerechtsregelung nach § 1696 BGB.[12]
  • Gründe für eine Abänderung des Alleinsorgerechts der Mutter liegen nicht vor, wenn sie das Kind einem vertretbaren Gesundheitsrisiko aussetzt.[13]
  • Das Abänderungsverfahren ist ein selbstständiges Verfahren und nicht die Fortsetzung des früheren. Die örtliche Zuständigkeit ist neu zu bestimmen und kann deshalb von der Zuständigkeit im Ausgangsverfahren abweichen.[14]

Im Verfahren nach § 1696 BGB ist der Erlass einer vorläufigen Anordnung möglich, wenn ein sofortiges Einschreiten ohne abschließende Klärung zur Vermeidung der Kindeswohlbeeinträchtigung dringend geboten ist und es zudem auf Grund glaubhaft gemachter Tatsachen wahrscheinlich ist, dass die Hauptsacheentscheidung in die gleiche Richtung geht.[15]

Ein Abänderungsantrag[16] hat den folgenden Inhalt:

 
Praxis-Beispiel

Es wird beantragt,

in Abänderung der Entscheidung des Amtsgerichts – Familiengericht – .... vom ... die elterliche Sorge für das gemeinsame Kind der Beteiligten K. B...., geb. am ... in ..., auf die Antragstellerin zu übertragen.

[4] So OLG Düsseldorf, FamRZ 2000, S. 1596; OLG Schleswig, FamRZ 2000, S. 1595; OLG Thüringen, FamRZ 2001, S. 436; OLG Karlsruhe, FamRZ 2000 S. 1595.
[5] OLG Braunschweig, FamRZ 2002, S. 121.
[7] OLG Dresden, FamRZ 2002, S. 632; OLG Brandenburg, FamRZ 2002, S. 1210.
[9] KG, FamRZ 2000, S. 1606.
[11] OLG Bamberg, FamRZ 2001 S. 1310.
[12] OLG Karlsruhe, FPR 2002, S. 662.
[13] OLG Bremen, FamRZ 2010, 1995; hier: Besuch einer Schule mit einem drahtlosen Internetzugang – WLAN -; ähnlich z. B. auch bei der Gestattung des Fahrens mit dem Motorrad, a. a. O.
[15] OLG Bamberg, FamRZ 2001, 1310.
[16] Zum Antragserfordernis vgl. OLG Karlsruhe, FuR 2021, 271.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge