Unter gleichen Voraussetzungen ist eine Verbleibensanordnung zugunsten der Witwe/des Witwers eines verstorbenen Elternteiles oder einer Person, zu der eine sozial-familiäre Beziehung besteht, möglich. Lebt das Kind längere Zeit in einem Haushalt, so kann es dort nicht herausgenommen werden, wenn das Kindeswohl durch die Wegnahme gefährdet würde, § 1682 BGB.

Eine Verbleibensanordnung zugunsten von Bezugspersonen kann sich ebenso an biologische Eltern wenden wie auch an Lebenspartner oder sonst umgangsberechtigte volljährige Personen im Sinne von § 1685 Abs. 2 BGB.

Dieser Personenkreis umfasst enge Bezugspersonen des Kindes, wenn diese für das Kind tatsächliche Verantwortung tragen oder auch früher getragen haben, also eine sozial-familiäre Beziehung zwischen Kind und Bezugsperson entstanden ist. Dies ist der Fall, wenn die Bezugsperson mit dem Kind längere Zeit in häuslicher Gemeinschaft zusammenlebt oder zusammengelebt hat, § 1685 Abs. 2 S. 2 BGB.

Die Vorschrift des § 1682 BGB soll daher das Kind schützen, wenn es mit einem bestimmten Personenkreis zusammenlebt oder zusammengelebt hat, also mit Stiefeltern, Großeltern, volljährigen Geschwistern oder eben Lebensgefährten einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft.

Fragen des Umgangsrechts spielen im Übrigen in diesem Zusammenhang keine Rolle.

Voraussetzung für einen solchen Anspruch ist das Zusammenleben in häuslicher Gemeinschaft, also in einem Haushalt.

Eine solche Lebensgemeinschaft mit dem Kind muss längere Zeit gedauert haben. Eine bestimmte Zeitdauer ist dabei nicht erforderlich. Entscheidend ist das subjektive Zeitempfinden des Kindes. Dies bedeutet: Je jünger das Kind ist, umso länger wird ihm eine Zeitspanne erscheinen und umso länger ist auch die Zeit in Beziehung zur Dauer seines bisherigen Lebens zu setzen.

Es stellt daher wegen des engeren kindlichen Zeitbegriffs und den ganz eigenen kindlichen Zeitvorstellungen einen langen Zeitraum dar, wenn beispielsweise ein einjähriges Kind seit einem halben Jahr mit Personen in Lebenspartnerschaft zusammengelebt hat. Entscheidend kommt es darauf an, welche Bindungen sich in dem Zeitraum des Zusammenlebens zwischen Kind und Lebenspartner entwickelt haben.

Das Zusammenleben in häuslicher Gemeinschaft, also in enger, familiärer oder familienähnlicher Verbundenheit in gemeinsamen Räumen begründet von Gesetzes wegen die Vermutung, dass die betreffende Person in diesem Zeitraum die tatsächliche Verantwortung für das Kind getragen hat.

Mitverantwortung, die den Regelfall ausmachen wird, reicht hierfür aus. Nach Auffassung des BGH ist von der Übernahme tatsächlicher Verantwortung auch auszugehen, solange keine Umstände ersichtlich sind, die Rückschluss auf das Gegenteil nahe legen. Eine weitere Prüfung muss daher nicht erfolgen.

Dies bedeutet: Aus der längere Zeit getragenen Verantwortung oder Mitverantwortung für das Kind ist das Entstehen einer sozial-familiären Beziehung zu dem Kinde zu folgern. Damit ist weiter die Schlussfolgerung verbunden, dass die betreffende Person zu einer "engen Bezugsperson" des Kindes geworden ist.

Weiterer Qualifizierungsmerkmale der Bezugsperson bedarf es nicht. Es muss also kein besonderes Vertrauensverhältnis zu dem Kind positiv festgestellt werden. Das schlichte Zusammenleben in der Gegenwart oder in der Vergangenheit mit dem Kind in häuslicher Gemeinschaft reicht aus.

Die Frage des Zeitabstandes bei einem Zusammenleben in der Vergangenheit ist eine Frage, die im Rahmen der Prüfung des Kindeswohls zu entscheiden ist.

Schließlich muss das Wohl des Kindes durch eine Wegnahme im Sinne von § 1666 Abs. 1 BGB gefährdet sein. Es handelt sich dann um ein Herausgabeverlangen "zur Unzeit", welches sich über die Bedürfnisse des Kindes hinwegsetzt.

Grundsätzlich gilt für eine gerichtlich festgelegte Verbleibensanordnung allerdings, dass die Gefährdung des Kindes nur vorübergehender Natur sein muss und etwa durch vermehrte Kontakte zum sorgeberechtigten Elternteil beseitigt werden kann. Ist dieses Ziel in absehbarer Zeit nicht erreichbar, kommt ausschließlich der vollständige oder teilweise Entzug der Personensorge unter den Voraussetzungen des §§ 1666, 1666 a BGB in Betracht.

Die Verbleibensanordnung schränkt die elterliche Sorge insofern ein, als es das Aufenthaltsbestimmungsrecht betrifft und den Bezugspersonen die in § 1688 BGB genannten Entscheidungsrechte zustehen.

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