Leitsatz

Das Grundbuchamt darf eine zur Eintragung bewilligte Bestimmung der Gemeinschaftsordnung nur beanstanden, wenn zweifelsfrei feststeht, dass das Grundbuch durch die Eintragung unrichtig würde, weil die Bestimmung unwirksam oder unbeachtlich ist. Als Prüfungsmaßstab kommen dabei die §§ 134, 138 BGB sowie § 242 BGB in Betracht. Die Gemeinschaftsordnung ist nicht an den §§ 305 ff. BGB zu messen.

 

Normenkette

WEG § 10 Abs. 2, 3

 

Das Problem

Bauträger B bittet, unter anderem die folgenden Vereinbarungen zu verdinglichen:

Vertragsstrafe

Jeder Wohnungseigentümer ist verpflichtet, im Falle der Nutzungsüberlassung an Dritte dem Verwalter den Namen des Nutzungsberechtigten binnen einer Frist von 4 Wochen nach Begründung des Nutzungsrechts schriftlich mitzuteilen. Für jeden Fall der schuldhaften Zuwiderhandlung gegen das Verbot der Begründung solcher kurzfristiger Nutzungsverhältnisse oder die Verpflichtung zur Namensmitteilung hat der Wohnungseigentümer eine Vertragsstrafe i. H .v. 1 000 EUR an die Wohnungseigentümergemeinschaft zu zahlen. Ferner ist der betreffende Wohnungseigentümer verpflichtet, der Wohnungseigentümergemeinschaft die Kosten für die Ermittlung der Person des Nutzungsberechtigten (z.B. Detektiv) zu erstatten, wenn dieser auf nochmalige Nachfrage des Verwalters nach Ablauf der vorgenannten Frist keine Auskunft erteilt.

Vollmacht

Für den Fall, dass ein Wohnungseigentümer keine zustellungsfähige Anschrift bekannt gibt und eine solche auch trotz angemessenen Ermittlungsaufwandes nicht ermittelt werden kann, bevollmächtigt der jeweilige Wohnungseigentümer den jeweiligen Verwalter, für ihn Zustellungen, Ladungen etc. entgegenzunehmen, das Stimmrecht in Eigentümerversammlungen auszuüben und Vereinbarungen abzuschließen, soweit solche Vereinbarungen im Gesamtinteresse der Wohnungseigentümer erforderlich oder zweckmäßig sind.

Vom Verwalter oder einem anderen nach dieser Gemeinschaftsordnung Zuständigen nicht einberufene Wohnungseigentümerversammlungen sind beschlussunfähig, es sei denn, dass sämtliche Eigentümer einstimmig eine Beschlussfähigkeit feststellen. Unberührt hiervon bleibt die Vorschrift des § 24 Abs. 3 WEG und die Möglichkeit, eine Wohnungseigentümerversammlung aufgrund gerichtlicher Ermächtigung einberufen zu lassen.

Das Grundbuchamt weigert sich. Dagegen führt B die sofortige Beschwerde. Mit Erfolg!

 

Die Entscheidung

Grundsätze zur Prüfung und Ergebnis

Die Vereinbarungen wären nur zu beanstanden, wenn zweifelsfrei feststehen würde, dass das Grundbuch durch die Eintragung unrichtig würde, weil die Bestimmung unwirksam oder unbeachtlich ist (Hinweis u.a. auf BayObLG v. 2.4.1997, 2 Z BR 36/97, NJW-RR 1997 S. 1305). Als Prüfungsmaßstab kämen dabei die §§ 134, 138 BGB sowie § 242 BGB in Betracht. Die Gemeinschaftsordnung sei hingegen nicht an den §§ 305 ff. BGB zu messen (Hinweis u.a. auf BayObLG v. 11.4.1991, BReg.2 Z 28/91, NJW-RR 1992 S. 83, 84). Das Grundbuch würde nach diesem Maßstab durch die Eintragung der Regelungen nicht unrichtig werden.

Die Vertragsstrafe

Die Gemeinschaftsordnung könne für die Zuwiderhandlung gegen Pflichten, die das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander beträfen Geldstrafen vorsehen. Die Höhe der Strafe verstoße weder gegen ein gesetzliches Verbot (§ 134 BGB), noch gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden (§ 138 BGB).

Die Vollmachtsregelung

Die Vollmachtsregelung höhle die personenrechtliche Gemeinschaftsstellung der Wohnungseigentümer nicht zu stark aus. Es liege auch kein Verstoß gegen die unabänderlichen Strukturprinzipien des Wohnungseigentumsrechts vor. Die Voraussetzungen der Vollmacht stünden im Einklang mit den Ladungspflichten des Verwalters nach § 24 Abs. 1 WEG. Der Verwalter müsse im Fall der unbekannten Anschrift nur in zumutbarem Umfang Nachforschungen anstellen. Vereinbarungen, dass das Stimmrecht eines nicht anwesenden und nicht anderweitig vertretenen Wohnungseigentümers vom Verwalter ausgeübt werde, würden als zulässig angesehen werden (Hinweis u.a. auf Hügel/Elzer, WEG, 1. Auflage 2015, § 25 Rn. 35). Die Vollmacht, Zustellungen und Ladungen entgegenzunehmen, gehe nicht wesentlich über die gesetzlichen Befugnisse des Verwalters nach §§ 27 Abs. 2 Nr. 1 und 3, Abs. 3 Satz 1 Nr. 1, 45 WEG hinaus. Es stehe auch nicht zweifelsfrei fest, dass die Bevollmächtigung zum Abschluss von Vereinbarungen unwirksam oder unbeachtlich sei. Dabei sei zu berücksichtigen, dass Wohnungseigentümer nach dem Gesetz – allerdings unter den strengeren Voraussetzungen des § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG – Vereinbarungen verlangen könnten. Zudem erfasse die Vollmacht nur Vereinbarungen, die allein zwischen den Vertragspartnern wirkten. Eine Verdinglichung gemäß § 10 Abs. 3 WEG sei ausgeschlossen, weil die Vollmacht im Grundbuchverfahren keine Verwendung finden könne.

Beschlussunfähigkeit

Die Bestimmung des § 24 Abs. 3 WEG werde durch die Regelung zur Beschlussunfähigkeit nicht abbedungen. Das ergebe sich unmissverständlich aus Satz 2 der Bestimmung. Auch Satz 1 entspreche der...

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