Leitsatz

Zur nachträglichen Eintragung eines bisher nicht gebuchten (schuldrechtlichen) Sondernutzungsrechts ist grundsätzlich die Mitwirkung aller Wohnungseigentümer notwendig.

 

Normenkette

§ 29 GBO, §§ 10 Abs. 3, 5 Abs. 4 Satz 1 WEG

 

Das Problem

  1. K erwirbt von V im Jahr 2013 das Wohnungseigentum Nr. V/17. Im Kaufvertrag ist festgehalten, dass nach Angaben von V vom Eigentümer des Wohnungseigentums Nr. V/17 ständig und seit 1955 ununterbrochen eine Garage genutzt werde. Der Notar habe diese Garage im Grundbuch aber weder als Sondereigentum noch als Sondernutzungsrecht feststellen können. V übertrage K mit dem Kaufvertrag daher zwar weder das eine noch das andere ausdrücklich, wohl aber alle möglichen Rechtspositionen, die ihm hinsichtlich dieser Garage zustehen könnten.
  2. In einem grundbuchrechtlich nicht umgesetzten Nachtrag zur Gemeinschaftsordnung aus dem Jahr 1955 heißt es unter anderem:

    dem Eigentümer ... der Wohnung Nr. V/17 wird eine Teilfläche des gemeinsamen Hofraumes an der nordwestlichen Grundstücksgrenze, wie sie aus dem Aufteilungsplan ersichtlich ist, im ungefähren Ausmaß von ..., ca. 11 qm zur ausschließlichen Benützung als Abstellplatz für Kraftfahrzeuge und zur Errichtung einer Garage überlassen. Die Eintragung dieser Vereinbarung – Gebrauchsregelung – als Inhalt des Sondereigentums gemäß § 10 Abs. 2 WEG im Grundbuch wird bewilligt und beantragt.

  3. K beantragt vor diesem Hintergrund, das Sondernutzungsrecht "an der Garage" zugunsten seines Wohnungseigentums im Grundbuch einzutragen.
  4. Das Grundbuchamt weist den Antrag zurück. Der Nachtrag sei nie vollzogen worden und könne jetzt nicht mehr vollzogen werden. Es fehle wegen Eigentümerwechseln an der aktuellen Bewilligungsberechtigung der damaligen Eigentümer. Erforderlich seien die Bewilligungen sämtlicher gegenwärtiger Wohnungseigentümer, ebenso aller dinglich Berechtigten. Hiergegen richtet sich K's Beschwerde. K meint, es handle sich bei der unterbliebenen Eintragung des seinem Wohnungseigentum betreffenden Nutzungsrechts um einen Fehler des Grundbuchamts. Er geht daher gegen den Beschluss des Grundbuchamts vor.
 

Entscheidung

  1. Die Beschwerde hat keinen Erfolg! Es sei nicht in der Form des § 29 GBO nachgewiesen, dass zu der Wohnung Nr. V/17 das Sondernutzungsrecht gehöre. Das Grundbuchamt lasse deshalb zu Recht die Eintragung an der fehlenden Mitwirkung der übrigen Wohnungseigentümer und dinglich Berechtigten scheitern.
  2. Konkret beanstande das Grundbuchamt das Fehlen von Bewilligungen, also verfahrensrechtlicher Erklärungen von Personen, deren Rechte von der Eintragung betroffen sind (vgl. § 19 GBO). Soweit es um die Mitwirkung von sonstigen dinglich Berechtigten gehe, fehlten diese in Form der notwendigen Zustimmung (vgl. § 5 Abs. 4 Satz 2 WEG). Was die übrigen Wohnungseigentümer angehe, könne es auf sich beruhen, ob grundbuchverfahrensrechtlich Bewilligungen oder Zustimmungen fehlen, nachdem sie bereits – wie der Nachtrag ausweise – von der Benutzung an der fraglichen Gemeinschaftsfläche ausgeschlossen worden waren.
  3. Das Sondernutzungsrecht als Form der Gebrauchsregelung gemeinschaftlichen Eigentums (§ 15 Abs. 1 WEG) könne im Grundbuch eingetragen werden (vgl. § 10 Abs. 3 WEG). Zu dessen Wirksamkeit müsse es dies aber nicht. Eine derartige Gebrauchsregelung lag hier mit der Zuweisung der fraglichen Garagenfläche in der Nachtragsurkunde vor. Der Eigentümer könne das seinem Sondereigentum zugewiesene Recht "isoliert" und auch ohne Verlautbarung im Grundbuch, durch Abtretung nach § 398 BGB an ein anderes "Mitglied der Gemeinschaft" übertragen. Die Übertragung eines Sondereigentums führe grundsätzlich zum Übergang des schuldrechtlichen Sondernutzungsrechts nach § 746 BGB. Dazu komme es aber nicht, wenn der jeweilige Voreigentümer das Sondernutzungsrecht ganz oder teilweise auf andere Miteigentümer übertragen hatte. Denn dann habe das Recht einem anderen Wohnungseigentümer als gerade dem hiesigen Rechtsvorgänger im Eigentum der Beteiligten zugestanden. Da sich der Vorgang außerhalb des Grundbuchs abspiele, sei dessen Publizität insoweit eingeschränkt.
  4. Mangels bisheriger Eintragung spreche auch keine Vermutung (§ 891 BGB) für die Zugehörigkeit des – einmal zugewiesenen – Sondernutzungsrechts an dem Garagenstellplatz gerade zum Wohnungseigentum Nr. V/17. Es sei weder auszuschließen noch gänzlich unwahrscheinlich, dass dies in der Vergangenheit auch geschehen sei.
  5. Eine abgeschwächte Form des Nachweises, dass das Recht (noch immer) zur ursprünglichen Wohneinheit gehört, zum Beispiel durch eidesstattliche Versicherung, sei im Eintragungsverfahren grundsätzlich unzulässig. Erst recht genüge nicht bloßes Schweigen anderer Betroffener. Offenkundigkeit im grundbuchrechtlichen Sinne, also das Vorhandensein eines Umstands, den das Grundbuchamt so sicher erfahren hat, dass ein Zweifel ausgeschlossen ist, könne auch nicht bejaht werden. Es lasse sich, jedenfalls bei größeren Eigentümergemeinschaften und bei der hier in Rede stehenden Form von Sondernutzungsrechten (Kfz-Ste...

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