Die Teilhabebeeinträchtigung am Leben in der Gesellschaft ist in den 3 Bereichen

  • Familie/Verwandtschaft,
  • Kindergarten/Schule/Beruf,
  • Freundeskreis/Freizeit

festzustellen, wobei sich die Beeinträchtigung nicht auf alle 3 Bereiche erstrecken muss. Es gilt hier der Untersuchungsgrundsatz nach § 20 SGB X. Diese Feststellung ist von den sozialpädagogischen Fachkräften des Jugendamts zu treffen.[1] Erforderlich ist eine nachhaltige Beeinträchtigung der sozialen Funktionsfähigkeit, eine lediglich geringfügige Beeinträchtigung ist nicht ausreichend.[2]

Die Beeinträchtigung ist nach der Intensität der Auswirkungen auf das gesamte Leben in der Gemeinschaft zu beurteilen. Bloße Schulprobleme oder Schulängste reichen nicht aus. Erforderlich ist eine nachhaltige Beeinträchtigung der Integration, die in totaler Schul- und Lernverweigerung, Rückzug aus allen Sozialkontakten sowie sekundären Neurotisierungen ihren Ausdruck finden kann.

 
Hinweis

Teilleistungsstörungen sind keine seelische Behinderung

Teilleistungsstörungen[3] (z. B. Dyskalkulie oder Legasthenie) oder ADHS[4] sind für sich genommen keine seelische Behinderung, können aber bei stärkerer Ausprägung zu einer seelischen Behinderung führen. Unabhängig vom Grad der Teilleistungsstörung ist die Schule verpflichtet, die betroffenen Kinder zu fördern. Auf die schulische Förderung kann das Jugendamt aber nur verweisen, wenn diese bedarfsgerecht zur Verfügung steht.[5] Fehlen entsprechende Angebote in der Schule, muss die Jugendhilfe als "Ausfallbürge" eintreten.[6]

Die für beide Begriffsteile ausreichende hohe Wahrscheinlichkeit einer drohenden seelischen Behinderung liegt vor, wenn die Behinderung mit einer Wahrscheinlichkeit von wesentlich mehr als 50 % zu erwarten ist.[7]

[1] Sächs. OVG, Urteil v. 9.5.2016, 4 B 92/16.
[2] OVG Thüringen, Beschluss v. 22.5.2018, 3 EO 192/18.
[3] Sächs. OVG, Urteil v. 5.4.2013, 1 A 346/11.
[4] Hess. VGH, Urteil v. 28.8.2009, 10 A 1799/08.
[6] OVG NRW, Beschluss v. 12.3.2015, 12 B 136/15; VG Freiburg, Urteil v. 18.3.2016, 4 K 2145/14.

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