Eine allgemein gültige Definition des Nachbarn findet sich weder im BGB noch im öffentlichen Nachbarrecht.

Fündig wird man nur in den Landesnachbarrechtsgesetzen von Berlin, Brandenburg, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Für deren Geltungsbereich – und nur für diesen – wird als Nachbar "der Eigentümer des an ein Grundstück angrenzenden Grundstücks" gesetzlich definiert.

Abgesehen davon, kann der Begriff des Nachbarn nicht für alle Rechtsbereiche einheitlich definiert werden. Es kommt vielmehr auf den Schutzumfang und den Schutzzweck der jeweils in Betracht kommenden Rechtsnormen an.

So steht im privaten Nachbarrecht einerseits etwa der Notweganspruch kraft ausdrücklicher gesetzlicher Regelung nur dem Eigentümer des verbindungslosen Nachbargrundstücks zu. Auf der anderen Seite knüpft der Abwehranspruch gegenüber störenden Einwirkungen aus der Nachbarschaft durch Lärm- oder Geruchsbelästigungen nicht an das Grundstückseigentum an, sondern steht jedem zu, der davon betroffen ist, also auch Mietern und Pächtern.

Auch im öffentlichen Nachbarrecht wird nur teilweise auf das Grundeigentum als Voraussetzung für die Nachbarschaft abgestellt. Das betrifft etwa das Bau- oder Verkehrswegerecht, wo nur benachbarte Grundstückseigentümer als Nachbarn sich gegen geplante Baumaßnahmen zur Wehr setzen können. Der weitaus überwiegende Teil des öffentlichen Nachbarrechts, der sich mit der Abwehr von schädlichen Umwelteinwirkungen auf die Nachbarschaft befasst, verlangt dagegen keine derartig verfestigte Rechtsposition, wie sie das Grundeigentum vermittelt. Denn hier soll nach der Rechtsprechung der Begriff der Nachbarschaft den Kreis derjenigen Personen abgrenzen, denen über den objektiven Schutz der Allgemeinheit hinaus auch das subjektive Recht eingeräumt werden soll, diesen Schutz gegebenenfalls verwaltungsgerichtlich durchzusetzen. Dazu reicht aber ein besonderes Verhältnis eines Betroffenen zu einer Störquelle im Sinne einer engen räumlichen und zeitlichen Beziehung zu ihr aus. Dies kann nach Meinung der Gerichte auf den Grundstückseigentümer in gleicher Weise wie auf Mieter oder Pächter zutreffen.[1]

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