Normenkette

§ 23 Abs. 2 WEG, § 12 FGG, § 25 FGG

 

Kommentar

1. Die Tatsachenwürdigung des LG ist durch das Rechtsbeschwerdegericht nur dahin nachprüfbar, ob der Tatrichter den maßgebenden Sachverhalt ausreichend erforscht ( § 12 FGG), bei der Erörterung des Beweisstoffes alle wesentlichen Umstände berücksichtigt ( § 25 FGG) und hierbei nicht gegen gesetzliche Beweisregeln und Verfahrensvorschriften sowie gegen die Denkgesetze und feststehende Erfahrungssätze und den allgemeinen Sprachgebrauch verstoßen hat. Im Rechtsbeschwerdeverfahren ist nicht zu prüfen, ob die tatsächlichen Folgerungen des Tatrichters die einzig möglichen bzw. schlechthin zwingenden sind (h. M.).

2. Hat der Verwalter, dessen Bestellung angefochten ist, eine Eigentümerversammlung einberufen, so sind die dort gefassten Beschlüsse auch dann nicht wegen eines Einberufungsmangels (Einladung durch eine dazu nicht befugte Person) für ungültig zu erklären, wenn der Bestellungsbeschluss seinerseits später rechtskräftig für ungültig erklärt wird (ebenfalls h. R. M.).

3. Nach § 23 Abs. 2 WEG (abdingbar) ist zur Gültigkeit eines Beschlusses erforderlich, dass der Gegenstand der beabsichtigten Beschlussfassung bei der Einberufung derart bezeichnet ist, dass die Beteiligten weitestgehend vor Überraschungen geschützt sind und ihnen die Möglichkeit der Vorbereitung bzw. der Überlegung, ob ihre Teilnahme veranlasst ist, gewährt wird (ebenfalls h. M.).

4. Unter dem in einer Einladung angekündigten Tagesordnungspunkt "Sonstiges"kann nur über Angelegenheiten von untergeordneter Bedeutung beschlossen werden, mit deren Erörterung jedermann rechnen muss. Ein unter einem solchen Punkt gefasster Beschluss mit größerer Tragweite beruht auf einem Einberufungsmangel und muss bei rechtzeitiger Anfechtung i. d. R. für ungültig erklärt werden. Ein Verstoß gegen das Gebot der Bezeichnung des Gegenstands einer Beschlussfassung in der Einladung wird nicht dadurch folgenlos, dass der anfechtende Eigentümer außerhalb der Einladung erfährt, worüber abgestimmt werden soll.

5. Ein Verzicht auf vorgenannte Einberufungserfordernisse bedarf der Zustimmung aller Wohnungseigentümer (Änderung der abdingbaren gesetzlichen Bestimmung des § 23 Abs. 2 WEG). Vertritt ein Eigentümer andere Wohnungseigentümer, so muss die ihm erteilte Vollmacht regelmäßig dahingehend ausgelegt werden, dass sie sich nur auf die Abstimmung zu den in dem Einladungsschreiben vorgesehenen Tagesordnungspunkten erstreckt. Eine darüber hinausgehende Vollmachtserteilung wird regelmäßig nicht gewollt sein, weil der Vollmachtgeber sonst mit einem nicht mehr vorhersehbaren rechtsgeschäftlichen Handeln des Bevollmächtigten rechnen müsste.

6. Der anfechtende Wohnungseigentümer muss sich den Einwand der Arglist entgegenhalten lassen, wenn er sich in Kenntnis des Einberufungsmangels ausdrücklich mit der Beschlussfassung einverstanden erklärt; er kann dann die Beschlussanfechtung nicht betreiben (Berufung auf den Einberufungsmangel dann als Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben!).

7. Ein Eigentümerbeschluss setzt i. Ü. voraus, dass eine Angelegenheit der Wohnungseigentümer von diesen geordnet werden soll; um einen Beschluss handelt es sich also dann, wenn erkennbar durch Abstimmung eine verbindliche Regelung herbeigeführt wird, wenn also eine Mehrheit entschieden hat. Dabei muss es sich um eine vollziehbare Willensäußerung zu einem konkreten Gegenstand handeln. Meinungsumfragen oder allgemeine Erklärungen z. B. des Inhalts, dass es bei einem bestimmten Zustand verbleiben soll, erfüllen diese Voraussetzungen nicht.

8. Der Verwalter ist Beteiligter kraft Amtes (im Sinne des § 43 Abs. 4 Nr. 2 WEG); daraus folgt, dass seine Beteiligtenstellung grundsätzlich mit der Beendigung seines Verwalteramtes endet; sie dauert nur fort, solange die Verwaltertätigkeit als solche Nachwirkungen äußert.

9. Auch außergerichtliche Kostenerstattung hinsichtlich der Rechtsbeschwerdekosten für die erfolglos gebliebene Rechtsbeschwerde bei Geschäftswertansatz von DM 67.000,- für die Erstbeschwerde und DM 60.000,- für die Rechtsbeschwerde.

 

Link zur Entscheidung

( OLG Hamm, Beschluss vom 08.12.1992, 15 W 218/91)

zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge