Leitsatz

Die Nutzung einer Wohnung zum Betrieb einer entgeltlichen Tagespflegestelle für bis zu 5 Kleinkinder stellt die "Ausübung eines Gewerbes oder Berufes in der Wohnung" im Sinne der Teilungserklärung dar.

(amtlicher Leitsatz des BGH)

 

Normenkette

BGB § 535

 

Kommentar

Zwischen den Parteien besteht seit dem Jahr 2003 ein Mietverhältnis über eine 2001 errichtete Wohnung. Im Jahr 2008 zeigte der Mieter an, dass an den Bodenfliesen Risse auftreten. Ein vom Mieter betriebenes selbstständiges Beweisverfahren über die Mangelursache führte zum Ergebnis, dass die Risse auf eine fehlerhafte Verlegung der Fliesen zurückzuführen sind. Der Mieter forderte den Vermieter auf, die Mängel zu beseitigen. Da der Vermieter untätig blieb, minderte der Mieter ab Oktober 2008 die Miete.

Die Differenz zwischen der vereinbarten und der gezahlten Miete ist Gegenstand der Klage. Der Vermieter vertritt die Ansicht, dass die Minderungsbefugnis des Mieters gem. § 242 BGB ausgeschlossen sei. Der Mieter habe bereits im Jahr 2005 von den Rissen im Bodenbelag Kenntnis gehabt. Gleichwohl habe er den Mangel damals nicht angezeigt. Aufgrund der unterlassenen Mängelanzeige habe er – der Vermieter – gegen den Fliesenleger keine Gewährleistungsansprüche geltend gemacht. Nunmehr sei die Gewährleistungsfrist abgelaufen; der hierdurch entstandene Schaden sei dem Mieter zuzurechnen. Der Mieter macht geltend, er habe dem Vermieter im Oktober 2005 die Risse im Bodenbelag gezeigt. Dies hat der Vermieter bestritten.

1. Mängelanzeige und Minderungsausschluss

"Zeigt sich im Laufe der Mietzeit ein Mangel der Mietsache ..., so hat der Mieter dies dem Vermieter unverzüglich anzuzeigen" (§ 536c Abs. 1 Satz 1 BGB). Unterlässt der Mieter die Anzeige, ist er nicht zur Minderung berechtigt. Außerdem ist er dem Vermieter zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der diesem infolge der unterlassenen Anzeige entstanden ist. Die Befugnis zur Minderung lebt zwar wieder auf, wenn der Mieter in der Folgezeit den Mangel anzeigt und der Vermieter untätig bleibt.

Nach der Rechtsprechung des BGH ist die Berufung des Mieters auf die Mietminderung jedoch als unzulässige Rechtsausübung (§ 242 BGB) zu bewerten, wenn und soweit dem Vermieter wegen verspäteter Mängelanzeige ein Schadensersatzanspruch gem. § 536c Abs. 2 Satz 1 BGB zusteht (BGH, Urteil v. 17.12.1986, VIII ZR 279/85, NJW 1987 S. 1072 zur Anwendung des § 545 BGB a.F. (= § 536c BGB n.F.) auf einen Leasingvertrag). Dies beruht auf der Erwägung, dass der Mieter aufgrund der Schadensersatzverpflichtung den geminderten Teil der Miete an den Vermieter herausgeben müsste. An dieser Rechtsprechung hält der Senat fest.

Die tatsächlichen Voraussetzungen des Minderungsausschlusses liegen nach der Behauptung des Vermieters vor: Danach hat der Mieter im Jahr 2005 die Mängel gekannt, diese aber entgegen § 536c Abs. 1 Satz 1 BGB nicht angezeigt. Hierdurch ist dem Vermieter ein Schaden entstanden, weil er die gegen den Fliesenleger bestehenden Gewährleistungsrechte nicht geltend machen konnte.

2. Beweilast für Mängelanzeige

Der Mieter hat demgegenüber behauptet, er habe dem Vermieter den Mangel bereits im Oktober 2005 angezeigt. Das streitige Parteivorbringen führt zu der Frage, ob der Vermieter die Untätigkeit des Mieters beweisen muss oder ob der Mieter zu beweisen hat, dass er die Anzeigepflicht erfüllt hat. In der höchstrichterlichen Rechtsprechung wurden hierzu unterschiedliche Ansichten vertreten.

Der für die Wohnraummiete zuständige VIII. Zivilsenat des BGH hat in seinem Urteil vom 17.12.1986 (a.a.O.) ausgeführt, dass der Vermieter darlegungs- und beweispflichtig für die Voraussetzungen des § 545 Abs. 2 BGB a.F. (= § 536c Abs. 1 BGB n.F.) sei. Das ergebe "sich eindeutig aus dem Gesetzeswortlaut, der ein an sich bestehendes Minderungsrecht voraussetzt und dem Vermieter einen dagegen gerichteten Einwand aufgrund nachträglich eingetretener Umstände gewährt".

Demgegenüber hat der für die Gewerbemiete zuständige XII. Zivilsenat in dem Urteil vom 14.11.2001 (XII ZR 142/99, NJW-RR 2002 S. 515) die Ansicht vertreten, dass der Mieter die Beweislast für die Erfüllung der Anzeigepflicht trägt.

Die Oberlandesgerichte sind in der Folgezeit teils der Rechtsprechung des VIII. Zivilsenats (OLG Brandenburg, Urteil v. 14.11.2007, 3 U 27/07), teils der Auffassung des XII. Zivilsenats (OLG Düsseldorf, Urteil v. 16.4.2002, 24 U 20/01, GE 2002 S. 1261) gefolgt. Ebenso wurden in der Literatur zu dieser Frage unterschiedliche Ansichten vertreten.

Der Senat hält an der im Urteil vom 17.12.1986 begründeten Auffassung fest. Diese folge "aus der allgemein anerkannten Grundregel der Beweislastverteilung, wonach der Anspruchsteller auf der ersten Ebene die rechtsbegründenden Tatsachen und der Anspruchsgegner auf der zweiten Ebene die rechtsvernichtenden, rechtshindernden oder rechtshemmenden Tatsachen darzulegen und zu beweisen hat" (Rz. 28).

3. Beweislastverteilung

Diese Beweislastverteilung hat zur Folge, dass dem Vermieter die Beweislast für eine negative Tatsache, näml...

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