Leitsatz

Eigenbedarf kann auch geltend gemacht werden, wenn die Räume für einen Angehörigen und dessen Pflegeperson benötigt werden. Entscheidend ist, was der Vermieter nach seinen persönlichen Vorstellungen für angemessen erachtet. Für die Bejahung des berechtigten Interesses reicht es, wenn mit einiger Sicherheit damit gerechnet werden muss, dass die Pflegebedürftigkeit in naher Zukunft zu erwarten ist, die Pflegebedürftigkeit muss noch nicht eingetreten sein. Eine konkrete Pflegeperson muss nicht benannt werden, konkrete Vorstellungen über den möglichen Personenkreis reichen aus.

 

Fakten:

Die Parteien streiten darüber, ob eine Eigenbedarfskündigung auch dann wirksam ist, wenn der Wohnraum für eine Pflegeperson einer Angehörigen benötigt wird, die bislang nicht zum Hausstand des Vermieters gehört. Die 87-jährige Mutter, die zurzeit zweimal täglich von einem mobilen Pflegedienst versorgt wird, soll in die Erdgeschosswohnung einziehen, die für die Mutter benötigte Pflegeperson in die streitgegenständliche Wohnung. Die Mieter wenden ein, sie seien selbst über 60 Jahre alt und könnten für die Miete keine vergleichbare Wohnung finden. In erster Instanz wurde der Eigenbedarf verneint mit der Begründung, ein Eigenbedarf läge nicht vor, da die Wohnung für eine nicht privilegierte Person benötigt werde. Außerdem sei in der Erdgeschosswohnung genug Platz für Mutter und Hilfsperson. Das Landgericht gibt dann dem Vermieter Recht: Der Vermieter kann auch dann ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses haben, wenn er bisher nicht in seinem Haushalt lebende Hausgehilfinnen, Pflegerinnen oder Hausmeister mit eigenem Wohnraum versorgen will. Voraussetzung ist nur, dass für die Beschäftigung solcher Personen ein Bedürfnis vorliegt und ihre Unterbringung im Haus oder in der Nähe oder in der Nähe der Vermieterwohnung aus persönlichen, wirtschaftlichen oder sonstigen Gründen geboten ist. Der Vermieter muss keine konkrete Pflegeperson benennen, denn diese kann erst dann gesucht werden, wenn feststeht, dass das Mietverhältnis endet.

 

Link zur Entscheidung

LG Potsdam, Urteil vom 03.11.2005, 11 S 146/05

Fazit:

Die Entscheidung stellt auf den Willen des Vermieters bei zu erwartender Pflegebedürftigkeit ab. Dennoch zeichnet sich für die Zukunft wohl ab: Die Rechtsprechung ermöglicht mit diesen Entscheidungen, dass das Privileg der Eigenbedarfskündigung auch die Pflegepersonen erfassen soll, sodass Pflegebedürftigen ermöglicht wird, in ihrer eigenen Wohnung zu leben.

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