Voraussetzung eines durchsetzungsfähigen Eigennutzungswunsches ist nicht nur, dass er Gründe vorträgt, die vernünftig und nachvollziehbar sind. Voraussetzung ist auch, dass der Eigenbedarf überhaupt ernsthaft verfolgt wird. Der Eigenbedarf darf entsprechend nicht vorgeschoben sein!

5.1 Bei früherer Verkaufsabsicht der Mietwohnung

Zeitweise Verkaufsabsichten des Vermieters sprechen nicht per se gegen die beabsichtigte Selbstnutzung, wenn der Vermieter berechtigte Zweifel haben durfte, ob er die vermietete Wohnung in absehbarer Zeit selbst nutzen kann.[1] Nach einem Beschluss des LG Kiel auch dann nicht, wenn der kündigende Vermieter, der eine wesentlich größere Wohnung zu einer geringfügig höheren Miete bewohnt, versucht hatte, das Mietobjekt zu verkaufen und dem Mieter vor der Eigenbedarfskündigung einen nennenswerten Betrag (hier: 6 Monatsmieten) für den Fall des freiwilligen Auszugs angeboten hat. Dabei kann der Wunsch des Vermieters, in eine deutlich kleinere Wohnung zu ziehen, ein vernünftiger, den Eigenbedarf rechtfertigender Grund sein, insbesondere nach

  • Verkleinerung des eigenen Haushalts,
  • eingetretener Arbeitslosigkeit,
  • fehlender Rücklagen,
  • Unterhaltsverpflichtungen und
  • bisher günstiger Miete bei nächsten Verwandten.[2]

Macht jedoch der Mieter gegen den vom Vermieter behaupteten Eigenbedarf unter Darlegung von zeitgleich mit der erklärten Eigenbedarfskündigung erfolgten Verkaufsversuchen geltend, dass der Eigenbedarf nur vorgeschoben sei, muss das Gericht darüber Beweis erheben.[3]

Hat der Vermieter jedoch seinen Eigennutzungswillen nach dem Ausspruch der Eigenbedarfskündigung aufgegeben und das Mietobjekt zum Verkauf angeboten, kann er die Kündigung nicht weiterverfolgen, wenn er in der Folgezeit von der Verkaufsabsicht wieder Abstand nimmt und erneut beabsichtigt, das Mietobjekt selbst zu nutzen. In diesem Fall muss er eine erneute Kündigung aussprechen.[4]

Bei einem Verkauf der Wohnung kann der Käufer vom Verkäufer nicht wirksam zu einer Kündigung wegen Eigenbedarfs ermächtigt werden, da der Eigenbedarf nach einem Verkauf der Wohnung regelmäßig nur in der Person des Käufers bzw. dessen Angehörigen vorliegt; nicht aber in der Person des Verkäufers.[5]

[3] LG Berlin, Urteil v. 22.6.2016, 65 S 386/15, WuM 2016 S. 567.
[5] LG Stuttgart, Beschluss v. 21.12.2017, 19 T 454/17, WuM 2018 S. 99.

5.2 Gescheiterte Mieterhöhung

Bei einer Kündigung nach dem misslungenen Versuch einer Mieterhöhung können von den Gerichten besonders strenge Anforderungen an den vom Vermieter zu führenden Beweis des Kündigungsgrunds gestellt werden. Dies jedenfalls dann,

  • wenn die Gründe für den Eigenbedarf bereits vor der Mieterhöhung bestanden haben und
  • Verdacht auf vorgeschobenen Eigenbedarf besteht.[1]
 
Wichtig

Meinungsverschiedenheiten

Wenn der Eigenbedarfskündigung Meinungsverschiedenheiten über Betriebskostennachzahlungen und Mängelbeseitigungsansprüche des Mieters unmittelbar vorausgegangen sind, sind ebenfalls besonders strenge Anforderungen an den Vermieterbeweis zu stellen.

5.3 Vorgetäuschter Eigenbedarf

Ebenso können sich Zweifel an der Ernsthaftigkeit des Nutzungswunsches aus einem früher vorgetäuschten Eigenbedarf ergeben.[1]

 
Praxis-Beispiel

Vorgetäuschte Eigenbedarfsgründe

Wird der behauptete Selbstnutzungswunsch nach der Räumung nicht realisiert, liegt der Verdacht nahe, dass der Eigenbedarf nur vorgeschoben worden ist.[2] Gleiches gilt, wenn die Bedarfsperson die Wohnung nicht in einem angemessenen Zeitraum nach der Kündigung bezieht.

Allerdings steht der Umstand, dass der Vermieter die Wohnung nach dem Auszug des wegen Eigenbedarfs gekündigten Mieters zunächst saniert hat, um sie nach seinen Vorstellungen zu gestalten, einem Eigenbedarf nicht entgegen, auch wenn sich die Sanierung, z. B. aufgrund begrenzter finanzieller Mittel oder wegen der Vornahme von Eigenleistungen, über einen Zeitraum erstreckt, der die dafür normalerweise erforderliche Dauer überschreitet.[3] Wird ein zur Renovierung angemessener Zeitraum jedoch weit überschritten, darf das Mietgericht dem Vermieter unterstellen, dass im Zeitpunkt der Kündigung keine Einzugsabsicht vorgelegen hat.[4]

Setzt die beabsichtigte Eigennutzung Umbaumaßnahmen voraus, hat das Gericht im Einzelfall der Frage nach der baurechtlichen Realisierbarkeit des Eigennutzungswunsches nachzugehen. Für die Wirksamkeit der Kündigung ist jedoch grundsätzlich nicht erforderlich, dass die Baugenehmigung bei Ausspruch der Kündigung bereits vorliegt.[5] Der Vermieter muss aber bereits im Kündigungsschreiben konkrete Planungen anführen und darlegen, dass das Bauvorhaben zumindest genehmigungsfähig ist und erforderliche Zustimmungen, z. B. der Wohnungseigentümergemeinschaft, erteilt werden oder bereits vorliegen.[6]

 
Wichtig

Realistische, umsetzbare Umbauplanung

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