Selbstständiges Verfahren

Bei den Verfahrensgegenständen der freiwilligen Gerichtsbarkeit – also auch Ehewohnungssachen – ist das Thema "Vollstreckung" schwerpunktmäßig in §§ 86–96a FamFG geregelt. Entsprechende Vollstreckungsanträge leiten grundsätzlich selbstständige Verfahren ein.[1] Für bestimmte Vollstreckungsfälle verweist § 95 Abs. 1 FamFG auf die ZPO, allerdings nur soweit §§ 86 ff. FamFG nichts Abweichendes regeln. Da spezielle Regelungen zu besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen fehlen, sind insoweit die vollstreckungsrechtlichen Vorschriften der ZPO anzuwenden.

Vollstreckungsvoraussetzungen

Grundsätzlich sind auch im FamFG die allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen erforderlich: Titel, Klausel und Zustellung.[2] Soll eine Wohnung überlassen werden, müssen ihre Lage und die herauszugebenden Räume genau beschrieben sein.[3] Eine Vollstreckungsklausel ist nach § 86 Abs. 3 FamFG in einer Ehewohnungssache stets erforderlich. Gleiches gilt für die Zustellung des Beschlusses.[4]

Räumung

Die Vollstreckung einer Wohnungsüberlassung nach §§ 1361b, 1568a BGB wird im Wege der Räumung vorgenommen.[5] Auf Antrag hat der Gerichtsvollzieher den Täter aus dem Besitz der Wohnung zu setzen und das Opfer in den Besitz einzuweisen.[6]

Titelklarheit

Der Titel muss deutlich zum Ausdruck bringen, dass der Schuldner die Wohnung zu verlassen hat. Dafür wäre eine Titulierung des Überlassungsanspruchs eigentlich hinreichend deutlich, denn in der maßgeblichen Vorschrift des § 885 Abs. 1 ZPO ist von "überlassen" die Rede. Allerdings müssen sich die Pflichten des Schuldners für den Gerichtsvollzieher als zuständiges Vollstreckungsorgan hinreichend klar aus dem Titel ergeben. Daher sollte mit der h. M. die Pflicht zur "Räumung und Herausgabe" ausdrücklich genannt werden, um Zeitverzögerungen oder gar das Scheitern der Vollstreckung zu vermeiden.[7]

 
Hinweis

Keine Räumungsvollstreckung ohne titulierte Herausgabepflicht

Dies gilt auch bei Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs: Vereinbaren die Eheleute im Rahmen einer Ehewohnungssache, dass die Ehewohnung einem Ehegatten zur alleinigen Nutzung überlassen wird, kann hieraus die Räumungsvollstreckung nicht betrieben werden, solange die Vereinbarung nicht auch die Verpflichtung zur Räumung und Herausgabe der Ehewohnung enthält.[8]

Möbelräumung nur per Titel

Vor erfolgreicher Durchführung eines Verfahrens in Ehewohnungs- und Haushaltssachen, in dem ein Ehegatte zur Räumung seiner Möbel aus der Ehewohnung verpflichtet wird, darf der andere Ehegatte die Möbel nicht aus der Wohnung entfernen und einlagern. Er kann keinen Ersatz von Lagerkosten verlangen.[9]

[1] BGH, Beschluss v. 17.8.2011, XII ZB 621/10, FamRZ 2011 S. 1729, dazu Cirullies, FamFR 2011, S. 491.
[2]

Ausführlich Gr. 18 S. 13.

[3] OLG Celle, Beschluss v. 25.10.2012, 10 WF 310/12, dazu Kemper, FamFR 2012, S. 567.
[7] Eingehend zur Räumungsvollstreckung Cirullies, DGVZ 2018, S. 77.

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