Ein geschiedener Ehegatte kann von dem anderen Unterhalt verlangen, soweit und solange von ihm aus sonstigen schwerwiegenden Gründen eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann und die Versagung von Unterhalt unter Berücksichtigung der Belange beider Ehegatten grob unbillig wäre. Schwerwiegende Gründe dürfen nicht allein deswegen berücksichtigt werden, weil sie zum Scheitern der Ehe geführt haben.

Der Billigkeitsunterhalt gemäß § 1576 BGB ist subsidiär und als Ausnahmeregelung eng auszulegen. Seine Ausgestaltung soll diejenigen Fallkonstellationen auffangen, die durch das Anspruchsraster der nachehelichen Unterhaltstatbestände durchgefallen sind; er dient der Vermeidung von Härten.

Ist beispielsweise eine Erwerbstätigkeit in Folge der Betreuung von nicht-gemeinschaftlichen Kindern nicht möglich, kann dies dann zu einem Unterhaltsanspruch führen, wenn auf Grund gemeinsamer Entscheidung ein Kind zur Pflege aufgenommen wurde. Zu diesem gleich schwerwiegenden Grund muss aber als weitere Tatbestandvoraussetzung die grobe Unbilligkeit hinzukommen. Sie kann sich daraus ergeben, dass das Kind einvernehmlich in jungen Jahren aufgenommen und bereits über einen längeren Zeitraum von den Ehegatten betreut wurde. Einzubeziehen ist auch die grundsätzliche Entscheidung des Gesetzgebers für den Vorrang des Kindeswohls und gegen das Interesse des nicht betreuenden Elternteils, keinen Unterhalt zahlen zu müssen, wenn dem anderen ein Fehlverhalten vorzuhalten ist.

Als weitere schwerwiegende Gründe werden die Betreuung eines pflegebedürftigen Angehörigen des Verpflichteten, besondere Opfer für den Verpflichteten oder eine Behinderung oder Krankheit, die außerhalb der Einsatzzeitpunkte aufgetreten ist, genannt. Bei der Beurteilung der Billigkeit sind in die Abwägung auch das Trennungsverhalten der Beteiligten und die Frage, inwieweit gerade das Verhalten des den Unterhalt begehrenden Ehegatten zum Scheitern der Ehe geführt hat, zu berücksichtigen.

Nach dem Gesetzeswortlaut hat der Unterhaltsanspruch aus Billigkeitsgründen keinen Einsatzzeitpunkt. Je mehr sich aber der Zeitpunkt der Geltendmachung eines derartigen Anspruchs von den in Betracht kommenden Einsatzzeitpunkten entfernt, umso mehr ist dieser Umstand bei der Abwägung zu Gunsten des verpflichteten Ehegatten zu berücksichtigen.[211]

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