Gemäß § 1573 Abs. 2 BGB kann der geschiedene Ehegatte, der keinen Unterhaltsanspruch nach den §§ 1570 bis 1572 BGB hat, die Aufstockung seiner Einkünfte aus einer angemessenen Erwerbstätigkeit verlangen, wenn diese nicht ausreichen, um den vollen Unterhalt gemäß § 1578 BGB zu gewährleisten. Der Aufstockungsunterhalt ist dementsprechend subsidiär gegenüber den §§ 1570, 1571, 1572, 1573 Abs. 1 und 4 BGB. Nach der Rechtsprechung des BGH ist Aufstockungsunterhalt nur in Betracht zu ziehen, wenn eine angemessene Erwerbstätigkeit ausgeübt wird oder ausgeübt werden kann.[206] Dementsprechend ist zunächst zu hinterfragen, ob der Unterhaltsberechtigte seine Erwerbsobliegenheit erfüllt.

Der Aufstockungsunterhalt ist dadurch gekennzeichnet, dass sowohl der Unterhaltsberechtigte als auch der Unterhaltspflichtige eigene Einkünfte erzielen. Sind daneben auch Kindesunterhaltsansprüche zu bedienen, tritt oftmals die Situation ein, dass sich ein Aufstockungsunterhaltsanspruch erst deswegen rein rechnerisch ergibt, weil bei dem barunterhaltspflichtigen Elternteil der Kindesunterhalt vorweg von seinem Einkommen abgezogen wird. Ob ein Anspruch auf Aufstockungsunterhalt bei einem Erwerbseinkommen des Anspruchstellers allein dadurch entstehen kann, dass sich sein Einkommen durch den Vorwegabzug eines geschuldeten Kindesunterhalts vermindert, war in der obergerichtlichen Rechtsprechung lange umstritten.[207]

Dieser Streit ist inzwischen von dem BGH dahingehend entschieden, dass ein Anspruch auf Aufstockungsunterhalt auch dadurch entstehen kann, dass das Einkommen des für den Kindesunterhalt barunterhaltspflichtigen Ehegatten durch den Vorwegabzug des Kindesunterhalts absinkt.[208]

Auch nach der Unterhaltsreform setzt der Aufstockungsunterhalt nicht voraus, dass der berechtigte Ehegatte ehebedingt berufliche Nachteile erlitten hätte. Selbst wenn beide Ehegatten während der Ehe ununterbrochen berufstätig gewesen sind, kann der weniger verdienende Ehegatte Aufstockungsunterhalt beanspruchen.

Ist die Differenz der unterhaltsrechtlich relevanten Einkünfte der Ehegatten nur gering, kann ein solcher Anspruch ganz ausscheiden; davon ist in der Regel auszugehen, wenn der Unterhaltsanspruch weniger als 10 % des bereinigten Nettoeinkommens des Berechtigten ausmacht.[209]

[209] Palandt/Brudermüller, § 1573 Rn. 15.

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