Das Direktionsrecht stützt sich auf den Arbeitsvertrag. Dieser ist die Ausgangsbasis dafür, ob eine Änderung der Arbeitsbedingungen noch durch die Ausübung des Direktionsrechts möglich oder aber eine Änderungsvereinbarung notwendig ist.[1] Aber die Vertragsparteien haben keine Wahl hinsichtlich der Anwendung des § 106 GewO.

Deshalb kann der Auffassung, § 106 GewO schaffe kein gesetzliches Leistungsbestimmungsrecht, weil zuvor die Tätigkeit des Arbeitnehmers vertraglich vereinbart worden sei[2], nicht gefolgt werden. Denn § 106 GewO ist die rechtliche Grundlage des Direktionsrechts, die Einräumung des Direktionsrechts steht überhaupt nicht zur Disposition der Vertragsparteien.

Hierin zeigt sich der Unterschied zu § 315 BGB, der ein Leistungsbestimmungsrecht einer Partei vorsieht, wenn dies vertraglich vereinbart ist.

Zudem ist in § 106 GewO die Ausübung billigen Ermessens zwingend vorgeschrieben.

Folglich kann das Direktionsrecht kein Leistungsbestimmungsrecht nach § 315 Abs. 1 BGB sein.[3] Nach § 315 Abs. 1 BGB unterliegt die Leistungsbestimmung nur "im Zweifel" billigem Ermessen, aber nach § 106 Satz 1 GewO "immer". Das bedeutet, dass es gerade nicht um ein vertragliches, sondern ein gesetzliches Weisungsrecht geht.

Die herrschende Meinung betrachtet das Direktionsrecht als Gestaltungsrecht, das als empfangsbedürftige Willenserklärung ausgeübt wird.[4] Mehr spricht dafür, die Weisung i. S. d. § 106 GewO als eine geschäftsähnliche Handlung anzusehen.[5] So hat das Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 13.10.2009 ausgeführt:

Zitat

Durch die Ausübung des Weisungsrechts konkretisiert der Arbeitgeber die Pflicht zur Arbeitsleistung hinsichtlich der Art der Tätigkeit, Ort und Zeit und füllt den arbeitsvertraglichen Rahmen aus.

Hieraus ist erkennbar, dass ein Unterschied besteht zwischen der Konkretisierung und der Pflicht zur Arbeitsleistung. Die Pflicht zur Arbeitsleistung ergibt sich aus dem Arbeitsvertrag, die Konkretisierung ist dagegen die arbeitgeberseitige Bestimmung der Art und Weise der Pflichterfüllung. Dem entspricht auch, dass ein Arbeitgeber, selbst wenn eine Weisung mehrere Jahre überdauert hat, jederzeit berechtigt ist, diese mit Wirkung für die Zukunft durch eine neue Weisung zu ändern.[6]

Gleiches gilt für die Konkretisierung der Arbeitsleistung, wenn beispielsweise nicht feststeht, um welche Uhrzeit und an welchem Ort die Arbeitsleistung in der Folgezeit zu erbringen ist.[7]

Da es bei der Vereinbarung der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers selbst um eine Hauptleistungspflicht geht, kann sie nicht nach §§ 307 ff. BGB (sog. Formular- oder AGB-Kontrolle) kontrolliert werden, sondern ist allenfalls an §§ 134, 138 BGB (Verstoß gegen Gesetz, Sittenwidrigkeit) zu messen. Damit haben die Arbeitsvertragsparteien viel Spielraum. So können sie vereinbaren, dass der Arbeitnehmer als "Sachbearbeiter", "Buchhalter", "gewerblicher Arbeitnehmer", "Vertriebsbeauftragter Asien" oder als "Referatsleiter Südamerika" tätig ist. Allerdings wäre z. B. die Vereinbarung wettbewerbswidriger Tätigkeiten unwirksam.[8] Die vereinbarte Tätigkeit kann auch geringerwertige Arbeiten als Begleittätigkeit enthalten, wenn es der Üblichkeit entspricht (z. B. Ablage, kopieren, Aufräumen des Büroplatzes).

Ein arbeitsvertraglich vereinbarter Versetzungsvorbehalt – d. h. das Recht des Arbeitgebers, dem Arbeitnehmer eine andere Tätigkeit/an einem anderen Ort/zu einer anderen Zeit zuzuweisen – unterfällt als sog. Änderungsvorbehalt zwar der AGB-Kontrolle. Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist der Wortlaut nicht eindeutig, kommt es entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss.[9] Zudem sind von Bedeutung für das Auslegungsergebnis der von den Vertragsparteien verfolgte Regelungszweck sowie die der jeweils anderen Seite erkennbare Interessenlage der Beteiligten.[10] Dabei geht jedoch ein übereinstimmender Parteiwille bei einer Individualabrede vor.[11]

Ergibt die Auslegung eines in Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltenen Versetzungsvorbehalts, dass die Klausel inhaltlich der Regelung des § 106 Satz 1 GewO entspricht, unterliegt sie wegen § 307 Abs. 3 BGB keiner Angemessenheitskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB.[12] Die durch den Versetzungsvorbehalt erfassten Tätigkeiten können, wie sich aus Obigem ergibt, ebenfalls geringerwertige Begleittätigkeiten enthalten. Es ist zwar nach der Rechtsprechung des BAG[13] nicht erforderlich, im...

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