Rz. 70

Auch eine Entlassung durch das Nachlassgericht aus wichtigem Grund ist möglich. Nach § 2227 BGB kann das Nachlassgericht den Testamentsvollstrecker auch gegen seinen Willen, aber nach seiner Anhörung, vgl. § 2227 Abs. 2 Satz 3 BGB, auf Antrag eines Beteiligten entlassen, wenn dieser seine Pflichten grob verletzt oder zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung unfähig ist. Unfähigkeit meint hier in erster Linie die subjektive Unmöglichkeit der Amtswahrnehmung. So kann sich die Unfähigkeit aus der Tatsache ergeben, dass der Testamentsvollstrecker die Verwaltungsanordnungen des Erblassers in relevanter Weise missachtet und ein Vermächtnis nicht oder nur zögerlich erfüllt, sowie auch aus dem Unvermögen, die Auseinandersetzung oder Verwaltung in gehöriger Weise durchzuführen.[1]

 

Rz. 71

Dass diese gesetzliche Vorschrift nicht abschließend ist, ergibt sich aus dem Wortlaut. So ist in der Rechtsprechung allgemein anerkannt, dass Verstöße des Testamentsvollstreckers gegen Anordnungen des Erblassers, grobe Verstöße gegen die Pflicht der Rechnungslegung und Auskunftserteilung sowie ordnungsgemäße Unterrichtung der Erben, die Errichtung eines unvollständigen Nachlassverzeichnisses oder aber Zuwendungen aus dem Nachlass an verwandte Miterben ohne Information der übrigen Erben bzw. eine ungerechtfertigte Bevorzugung einzelner Miterben einen wichtigen Grund darstellen können.

Allerdings kann ein solcher Grund auch darin liegen, dass ein Testamentsvollstrecker nach seinem persönlichkeitsbedingten Verhalten zu einer sachlichen Auseinandersetzung mit anderen Personen über die im Rahmen seiner Amtsführung zu regelnden Angelegenheiten nicht in der Lage ist.

Ein wichtiger Grund setzt nicht das Verschulden des Testamentsvollstreckers voraus. Vielmehr ist maßgeblich, ob begründeter Anlass zu der Annahme besteht, dass ein weiteres Verbleiben im Amt für die Beteiligten nicht zuträglich ist. Insofern ist die Entscheidung, ob ein wichtiger Grund vorliegt, sowohl Tat- als auch Rechtsfrage.

Liegt ein wichtiger Grund vor, ist nach pflichtgemäßem Ermessen zu prüfen, ob nicht gleichwohl aufgrund der besonderen Vertrauensstellung, die der Erblasser dem Testamentsvollstrecker einräumt, überwiegende Gründe dafür sprechen ihn im Amt verbleiben zu lassen.[2] Hierbei gilt es natürlich auch zu beachten, dass Tatsachen, die bereits dem Erblasser bekannt waren, grundsätzlich nicht zu einer Entlassung führen können. Das gleichzeitige Vorliegen einer Generalbevollmächtigung des zu entlassenden Testamentsvollstreckers stellt keinen Grund für eine mildere Beurteilung der Entlassungsgründe dar.[3]

Selbst wenn dem Testamentsvollstrecker eine Pflichtverletzung vorzuwerfen und seine Entlassung begründet ist, so führt das nicht zugleich auch zum Erlöschen des ihm testamentarisch übertragenen Rechts zur Benennung eines Ersatztestamentsvollstreckers.[4]

Antragsberechtigt sind vor allem die Erben sowie Pflichtteilsberechtigten und jeder, zu dessen Gunsten im Testament ein Vermächtnis oder eine Auflage angeordnet wurde. Der Begriff der "Beteiligten" in § 2227 BGB ist im Hinblick auf die Antragsberechtigung jedoch nicht so weit auszulegen, dass auch ein gewöhnlicher Nachlassgläubiger hierunter fällt.[5] Wurden mehrere Personen zum Testamentsvollstrecker ernannt, ist auch der Mit-Testamentsvollstrecker antragsberechtigt.

 
Hinweis

Soweit die (vermeintliche) Untätigkeit des Testamentsvollstreckers der Grund seiner Entlassung sein soll, sollten sich die insoweit Beschwerten (namentlich Erben, Vermächtnisnehmer, Pflichtteilsberechtigte) wohl überlegen, ob die Entlassung aufgrund der Verfahrensdauer eines Entlassungsverfahrens und angesichts der chronischen Überlastung der Nachlassgerichte wirklich zielführend ist. Zielführender dürfte es sein, über berufsrechtliche Maßnahmen Druck aufzubauen, soweit der untätige Testamtentsvollstrecker einem Kammerberuf (z. B. Rechtsanwalt, Steuerberater) angehört.

Da über die Entlassung das Nachlassgericht entscheidet, können sich Erben und andere Beteiligte nur mit der Entlassungsklage von einem unfähigen Testamentsvollstrecker befreien.

Es ist einem Erblasser verwehrt, Streitigkeiten über die Entlassung eines Testamentsvollstreckers unter Ausschluss der staatlichen Gerichtsbarkeit durch letztwillige Verfügung einem Schiedsgericht zuzuweisen.[6]

Gegen den Entlassungsbeschluss steht dem Testamentsvollstrecker das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde zu. Da das Amt jedoch mit der erstinstanzlichen Entscheidung (vorerst) beendet ist, haftet der Testamentsvollstrecker auch (vorerst) nicht mehr für weitere "Verschlechterungen" des Nachlasses. In der Zwischenzeit ist mithin sorgfältig über die Entwicklung des Nachlasses – insbesondere bei Kapitalanlagen – zu wachen und ggf. unter Hinweis auf den erstinstanzlichen Beschluss zu versuchen, die Anlagen neu zu strukturieren.

 
Wichtig

Endet die Testamentsvollstreckung mit der Entlassung endgültig, ist unverzüglich ein neuer Erbschein ohne Testamentsvollstreckervermerk zu beantragen.

[1] Vgl. OLG Köln, U...

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