Sachverhalt

Ausgangslage:

Nachdem jahrzehntelang die GbR nur als gesamthänderisch gebundenes Vermögen ihrer Gesellschafter betrachtet wurde, hat der BGH im Jahr 2001 die GbR als eigene Rechtsperson anerkannt. Nicht mehr alle GbR-Gesellschafter, sondern die GbR selbst ist zu verklagen und die GbR ist als solche im Grundbuch als Grundstückseigentümerin einzutragen (wie der BGH Ende 2008 klarstellen konnte; durch das ERVGBG wurde allerdings zusätzlich die Eintragung aller GbR-Gesellschafter wieder eingeführt).

Für die GbR-Gesellschafter ist klar, dass sie gem. § 128 HGB analog für Verbindlichkeiten der GbR haften und sich vor Gericht einen eventuellen Vorprozess, der über derartige Verbindlichkeiten gegen die GbR geführt wurde, entgegenhalten lassen müssen (§ 129 HGB). Doch was ist im umgekehrten Fall, wenn im Vorprozess alle GbR-Gesellschafter verklagte wurden? Tritt dessen Rechtskraft auch mit Wirkung für und gegen die GbR ein?

Zur Entscheidung:

In dem vom OLG Hamm zu entscheidenden Fall hatte ein Kläger zunächst alle GbR-Gesellschafter, nicht jedoch die GbR verklagt. Nachdem er in diesem Prozess rechtskräftig unterlegen war, verklagte er nunmehr die GbR. Nach Ansicht des OLG Hamm war diese neue Klage gegen die GbR nicht als unbegründet, sondern als unzulässig abzuweisen. Denn es handele sich um den gleichen Streitgegenstand.

 

Hinweis

Die Entscheidung des OLG Hamm kann trotz der nachvollziehbaren, praktischen Begründung dogmatisch nicht überzeugen. Denn sie berücksichtigt die eigene Rechtspersönlichkeit der GbR nicht hinreichend. Auch lässt sie unberücksichtigt, dass in dem Verfahren gegen die GbR-Gesellschafter nur in deren Personen liegenden Gesichtspunkte zur Klageabweisung geführt haben können, z.B. eine vereinbarte Haftungsbeschränkung auf das Vermögen der GbR. Nur in dem Fall - und das setzt das OLG Hamm stillschweigend voraus -, dass die Klage gegen die GbR-Gesellschafter schon wegen einer fehlenden Verbindlichkeit der GbR abgewiesen wurde, kommt sie zum richtigen Ergebnis. Dies zu prüfen, kann jedoch nicht Sache der von Amts wegen zu klärenden Zulässigkeit der Klage gegen die GbR sein, sondern muss im normalen Parteiverfahren im Rahmen der Begründetheit geprüft werden. Für diese doppelte Inanspruchnahme der Justiz werden schließlich auch entsprechende Gerichtsgebühren bezahlt. Und den Gesellschaftern droht aus einer etwaigen Verurteilung der GbR kein Unheil, ist ihnen gegenüber die Klage doch schon einmal rechtskräftig abgewiesen worden.

Das OLG Hamm hat die Revision gegen sein Urteil zugelassen. Es bleibt abzuwarten, ob der BGH die Entscheidung korrigiert. Bis dahin kann jedem Gläubiger nur empfohlen werden, in jedem Fall auch die GbR und nicht nur deren Gesellschafter zu verklagen, was leider entsprechende Mehrkosten auslöst.

 

Link zur Entscheidung

OLG Hamm, Urteil vom 14.09.2009, 22 U 43/09

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