Rz. 45

In einem ersten Schritt müssen die Ehegatten zunächst gemäß § 1475 Abs. 1 Satz 1 BGB die Gesamtgutsverbindlichkeiten berichtigen. Unter Gesamtgutsverbindlichkeiten sind dabei Schulden der Ehegatten oder eines Ehegatten zu verstehen, deretwegen der Gläubiger Befriedigung aus dem Gesamtgut verlangen kann. Auch etwaige Ansprüche eines Ehegatten gegen das Gesamtgut gehören zu den vorweg zu berichtigenden Gesamtgutsverbindlichkeiten. Abzustellen ist auf den Schuldenstand bei Rechtskraft der Scheidung, da während der Liquidationsphase grundsätzlich keine Schulden mehr entstehen können. Unter der Begrifflichkeit der "Berichtigung" ist die Tilgung der Schulden zu verstehen. Die Tilgung der Schulden erfolgt in der Regel durch Zahlung, kann aber auch etwa durch Hinterlegung, Aufrechnung oder Erlass erfolgen. Gemäß § 1475 Abs. 1 Satz 2 BGB sind für noch nicht fällige oder streitige Verbindlichkeiten Rücklagen zu bilden. Bezüglich dieser Rücklagen verbleibt es bei der gemeinsamen Verwaltung bis zur Auszahlung.

 

Rz. 46

Um die Schulden zu tilgen, ist das Gesamtgut in Geld umzusetzen. Bei beweglichen Sachen geschieht dies durch Verkauf. Die Verwertung des Gesamtgutes muss insoweit verfolgen, wie es zur Tilgung der Verbindlichkeiten Dritten gegenüber oder zur Verrechnung der Ersatzansprüche nach § 1476 Abs. 2 Satz 1 BGB erforderlich ist. Ist eine Verständigung über die Verwertung des Gesamtgutes nicht möglich, kann die Mitwirkung des jeweils anderen Ehegatten am Verkauf eingeklagt werden. Bei Immobilien kann jeder Ehegatte die Teilungsversteigerung nach § 180 Abs. 1 ZVG beantragen, wenn eine Einigung über die Veräußerung nicht zustande kommt. Es besteht auch die Möglichkeit, dass ein Ehegatte die Schulden als Alleinschuldner übernimmt und der andere Ehegatte aus der Schuldhaft entlassen wird.[1] Diese Vorgehensweise bietet sich insbesondere dann an, wenn ein Ehegatte ein mit Schulden belastetes Grundstück übernehmen möchte.

 

Rz. 47

Reicht das Gesamtgut nicht zur Tilgung aller Schulden aus, haftet derjenige Ehegatte für die noch nicht getilgten Verbindlichkeiten persönlich, in dessen Person die Verbindlichkeit begründet wurde, es sei denn, die Ehegatten haften bei gemeinsamer Verwaltung gemäß § 1459 BGB gemeinschaftlich.

[1] BGH, Urteil v. 10.7.1985, IV b ZR 37/84, FamRZ 1986, 40.

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